Ein konstruktiver Umgang mit Fehlern setzt voraus, dass eine positive Lernatmosphäre herrscht, in der Fehler sowohl von SuS als auch von Lehrkräften als notwendiger Teil des Lernprozesses und als Lerngelegenheiten gesehen werden, Hilfen gegeben werden und Kommunikation als kooperativer Akt erlebt wird. Es gilt, die richtige Balance herzustellen, damit Schülerinnen und Schüler aus Fehlern lernen können, aber Fehlerkorrektur nicht demotiviert oder sogar zur Sprechhemmung führt. Das Hauptinteresse gilt dem Inhalt und erst an zweiter Stelle der sprachlichen Korrektheit.
Daher ist es notwendig, die Art des Fehlers, die Gesprächssituation und das Lernalter zu berücksichtigen und davon abhängig zu entscheiden, wann und in welcher Form, z. B. implizit oder explizit, Fehler aufgegriffen und korrigiert werden. Generell werden Flüchtigkeitsfehler und systematische Fehler unterschieden. Erstere wird die Lehrperson implizit korrigieren, ohne dabei die Schülerin oder den Schüler unnötig zu unterbrechen (s. u.).
Systematische Fehler sollten ebenfalls in einem korrektiven Feedback aufgegriffen werden. Darüber hinaus können Fehler, die sich auf einfache grammatische (z. B. Pluralbildung), orthografische (z. B. Kleinschreibung) oder syntaktische Abweichungen beziehen, zu einem späteren Zeitpunkt explizit aufgegriffen werden, um dann die Regelmäßigkeit bewusst zu machen.
Fehlerhafte Äußerungen können von der Lehrperson korrigierend wiederholt werden oder in Form eines Kommentars aufgegriffen werden, aber nicht explizit besprochen werden.
„Intelligente“ Fehler weisen darauf hin, dass die SuS bereits erste Einsichten in die Struktur der Zielsprache gewonnen haben, und sollten aufgegriffen werden, um über die Besonderheiten des Türkischen zu sprechen. z. B.: Pluralbildung: üc elmalar (Übergeneralisierung: Das Kind wendet die regelmäßige Pluralbildung an.).
Je nach Vertrautheit mit der Zielsprache können Fehler auch als Anlass genommen werden, um über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Deutsch und Türkisch zu sprechen.
Die Lehrperson hilft, indem sie
- Fragen noch einmal anders stellt (paraphrasiert),
- Mimik, Gestik und Bilder einsetzt,
- Erläuterungen gibt,
- den Inhalt einer sprachlich fehlerhaften Aussage positiv aufgreift,
- die richtige Antwort vorgibt bzw. Alternativen aufzählt.
Rolle der Lehrkraft
Im Türkischunterricht ist die Lehrkraft bezüglich Ausdrucksfähigkeit, Wortschatz und Aussprache wichtiges Vorbild für die SuS. Sie muss die türkische Sprache daher sicher und so umfassend beherrschen, dass sie in der Lage ist, in einem funktional einsprachigen Unterricht auf unterschiedliche Situationen und auf die Bedürfnisse der SuS angemessen reagieren zu können.
Die Lehrkraft bietet den Schülerinnen und Schülern ein reichhaltiges Sprachangebot und stellt relevanten Wortschatz und Strukturen zur Verfügung, damit die SuS ihre kommunikative Handlungsfähigkeit erweitern können. Dabei nutzt sie neben dem Lehrwerk auch authentische Materialien.
Die Lehrkraft arrangiert Übungsphasen, in denen die Lerner in Partner- und Gruppenarbeiten Rollenspiele und Dialoge üben, Interviews durchführen, sich gegenseitig Rätsel stellen etc. und so das Gelernte anwenden, vertiefen und erweitern. In diesen Phasen hat sie Gelegenheit, den Lernfortschritt des einzelnen Schülers zu beobachten, sowie die Schülerinnen und Schüler in ihrem Lernprozess zu beraten und individuell zu fördern.
Die Fehler, die die Lerner bei der Sprachverwendung machen, geben der Lehrkraft Einblicke in den Sprachlernprozess der Kinder und werden von ihr behutsam korrigiert (z. B. korrigierendes Feedback: korrekte Form im gleichen Kontext wiedergeben).
Die Lehrkraft berücksichtigt das Vorwissen der Schülerinnen und Schüler sowie die unterschiedlichen Lernertypen und bietet unterrichtliche Aktivitäten und Methoden an, die die SuS herausfordern und motivieren sowie die verschiedenen Lernkanäle der SuS ansprechen.
Die Lehrkraft unterstützt den Lernprozess auch dadurch, dass sie die in der Grundschule angelegte Fähigkeit zum selbstständigen Lernen weiter ausprägt, indem sie den SuS die unterschiedlichen Strategien und Techniken des Sprachenlernens aufzeigt und ihnen hilft, ihre individuellen Lernwege zu
finden sowie Lernerfolge zu dokumentieren und zu reflektieren (z. B. mit Hilfe des Europäischen Sprachenportfolios).
Gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern thematisiert bzw. reflektiert sie die Besonderheiten und Regelhaftigkeiten der türkischen Sprache im sinnvollen Kontext (language awareness).