3 Leistungen fördern und bewerten
Die Primarstufe ist einem pädagogischen Leistungsverständnis verpflichtet, das Leistungsanforderungen mit individueller Förderung verbindet. Für den Unterricht bedeutet dies, Leistungen nicht nur zu fordern, sondern sie auch zu ermöglichen und zu fördern. Deshalb geht der Unterricht von den individuellen Voraussetzungen der Kinder aus und leitet sie dazu an, ihre Leistungsfähigkeit zu erproben und weiterzuentwickeln. Grundlage hierfür ist die Ermittlung der Lernausgangslage.
Die Schülerinnen und Schüler werden an eine realistische Einschätzung der eigenen Leistungsfähigkeit herangeführt. Dazu gehört es, Leistungen nicht nur zu fordern und zu überprüfen, sondern auch anzuerkennen. Durch Ermutigung und Unterstützung wird ein positives Lern- und Leistungsklima und damit die Voraussetzung für das Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit geschaffen. Schülerinnen und Schüler sollen erfahren, dass Anstrengung sich lohnt und zu einer positiven Leistungsentwicklung führt. Aufgabe der Lehrkräfte ist es, alle Schülerinnen und Schüler auf der Grundlage des festgestellten Lernstands individuell zu fördern und damit die Voraussetzung für ein erfolgreiches Weiterlernen zu schaffen.
Die Erfahrung, allein oder gemeinsam mit anderen Leistungen erbringen zu können, stärkt Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen. Die Schülerinnen und Schüler lernen zunehmend, die Erfolge ihres Lernens zu reflektieren und ihre Leistungen richtig einzuordnen.
Für Lehrerinnen und Lehrer sind die beobachteten Ergebnisse Anlass, die Zielsetzungen und die Methoden ihres Unterrichts zu überprüfen und ggf. zu modifizieren.
Die rechtlich verbindlichen Grundsätze der Leistungsbewertung sind im Schulgesetz (§ 48 SchulG) sowie in der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Grundschule (§ 5 AO GS) dargestellt. Demgemäß sind bei der Leistungsbewertung von Schülerinnen und Schülern in Englisch erbrachte Leistungen in den Beurteilungsbereichen „Schriftliche Arbeiten“ sowie „Sonstige Leistungen im Unterricht“ zu berücksichtigen. Die Leistungsbewertung insgesamt bezieht sich auf die im Zusammenhang mit dem Unterricht erworbenen Kompetenzen und setzt voraus, dass die Schülerinnen und Schüler hinreichend Gelegenheit hatten, die in Kapitel 2 ausgewiesenen Kompetenzen zu erwerben.
Leistungsüberprüfungen im Fach Englisch basieren in erster Linie auf mündlichen, aber auch auf schriftlichen Verfahren. Schriftliche Arbeiten im Fach Englisch sind in Anzahl, Form und Inhalt der – gegenüber den Fächern Deutsch und Mathematik – geringeren Wochenstundenzahl anzupassen. Sie werden nicht benotet (VV zu § 5 AO-GS, 5.1 zu Abs. 1). Darüber hinaus gelten für den Englischunterricht in der Primarstufe folgende Vorgaben:
- Die Leistungsbewertung stützt sich im Wesentlichen auf die kriteriengeleitete Beobachtung mündlicher und praktischer Leistungen im Unterricht. Hinzu kommen schriftliche Arbeiten, die sich an den bekannten Aufgabenformaten aus dem Englischunterricht orientieren.
- Der kommunikativen Leistung der Aussagen wird größeres Gewicht beigemessen als der Korrektheit (fluency before accuracy). Das Kriterium der sprachlichen Richtigkeit wird dabei nicht außer Acht gelassen, aber zurückhaltend gewichtet.
- Der Schwerpunkt der Orthografie fließt nicht in die Leistungsbewertung ein. Die in Kapitel 2.2 beschriebenen Kompetenzen dienen der Anbahnung eines orthografischen Grundverständnisses. Eine systematische Einführung in die Orthografie findet in der Sekundarstufe I statt.
- Eine isolierte Leistungsfeststellung durch Vokabeltests, Grammatikaufgaben und Diktate ist nicht zulässig.
Erfolgreiches Lernen ist kumulativ. Dies erfordert, dass Unterricht und Lernerfolgsüberprüfungen darauf ausgerichtet sein müssen, Schülerinnen und Schülern Gelegenheit zu geben, Kompetenzen wiederholt und in wechselnden Zusammenhängen unter Beweis zu stellen.
Als Leistung werden nicht nur die Ergebnisse des Lernprozesses zu einem bestimmten Zeitpunkt im Vergleich zu den verbindlichen Anforderungen und Kompetenzerwartungen gewertet, sondern auch die Anstrengungen und Lernfortschritte, die zu den Ergebnissen geführt haben. Dabei stellt der Erwerb der verbindlichen Anforderungen und Kompetenzerwartungen den entscheidenden Maßstab für die Empfehlungen der Primarstufe beim Übergang in die weiterführenden Schulen dar.
Die Leistungsbewertung ist so anzulegen, dass sie den gemäß Schulgesetz (§ 70 Abs. 4 SchulG) beschlossenen Grundsätzen entspricht, dass die Kriterien für die Leistungsbewertung den Schülerinnen und Schülern transparent sind und sie durch individuelle Rückmeldung Erkenntnisse über ihre Lernentwicklung bekommen.
Dazu gehören – neben der Etablierung eines angemessenen Umgangs mit eigenen Stärken, Entwicklungsnotwendigkeiten und Fehlern – insbesondere auch Hinweise zu individuell Erfolg versprechenden allgemeinen und fachmethodischen Lernstrategien.
Grundsätzlich sind alle in Kapitel 2 des Lehrplans ausgewiesenen Kompetenzen bei der Leistungsbewertung angemessen zu berücksichtigen. Überprüfungsformen schriftlicher, mündlicher und praktischer Art sollen deshalb darauf ausgerichtet sein, die Erreichung der dort aufgeführten Kompetenzerwartungen zu überprüfen. Ein isoliertes, lediglich auf Reproduktion angelegtes Abfragen einzelner Daten und Sachverhalte allein kann dabei den zuvor formulierten Ansprüchen an die Leistungsfeststellung nicht gerecht werden. Die Kompetenzerwartungen des Lehrplans ermöglichen eine Vielzahl von mündlichen, schriftlichen und praktischen Überprüfungsformen.
Beurteilungsbereich „Schriftliche Arbeiten“
Schriftliche Arbeiten dienen der schriftlichen Überprüfung von Kompetenzen. Sie sind so anzulegen, dass die Schülerinnen und Schüler ihr Wissen sowie ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten nachweisen können. Zur Bewertung der Leistung sind die Lernausgangslage und der individuelle Fortschritt ebenso bedeutsam wie der bereits erreichte Lernstand. Die schriftlichen Arbeiten bedürfen angemessener Vorbereitung und verlangen klar verständliche Aufgabenstellungen. In ihrer Gesamtheit sollen die Aufgabenstellungen die Vielfalt der im Unterricht erworbenen Kompetenzen und Arbeitsweisen widerspiegeln.
Für Schülerinnen und Schüler mit besonderen Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens und Rechtschreibens (LRS) gelten für die Leistungsbewertung die Regelungen im entsprechenden Runderlass (BASS 14 – 01 Nr. 1).
Beurteilungsbereich „Sonstige Leistungen im Unterricht“
Der Beurteilungsbereich „Sonstige Leistungen im Unterricht“ erfasst die im Unterrichtsgeschehen durch mündliche, schriftliche und praktische Leistungen erkennbare Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler. In die Bewertung fließen somit alle erbrachten Leistungen der Schülerinnen und Schüler mit ein. Bei der Bewertung berücksichtigt werden die Qualität, die Quantität und die Kontinuität der Beiträge. Der Stand der Kompetenzentwicklung im Beurteilungsbereich „Sonstige Leistungen im Unterricht“ wird sowohl durch kontinuierliche Beobachtung während des Schuljahres (Prozess der Kompetenzentwicklung) als auch durch punktuelle Überprüfungen (Stand der Kompetenzentwicklung) festgestellt. Als Leistung werden nicht nur Ergebnisse, sondern auch Anstrengungen und Lernfortschritte bewertet. Auch in Gruppen erbrachte Leistungen sind zu berücksichtigen.
Zum Beurteilungsbereich „Sonstige Leistungen im Unterricht“ zählen u. a.
- mündliche Beiträge unter Berücksichtigung des Prozesses der individuellen Kompetenzentwicklung und/oder des Kompetenzstandes (z. B. mündliche Beiträge in kooperativen und individuellen Arbeitsphasen, Wiedergabe und Nutzung von vernetztem Wortschatz sowie gelernter chunks im classroom discourse, Präsentation von Lernergebnissen, Gestaltung szenischer Spielformen),
- schriftliche Beiträge unter Berücksichtigung des Prozesses der individuellen Kompetenzentwicklung und/oder des Kompetenzstandes (z. B. Beschriftungen, kurze persönliche Mitteilungen, kurze eigene Texte, Stichwortzettel, Beiträge in analogen und digitalen Portfolios),
- praktische Beiträge unter Berücksichtigung des Prozesses der individuellen Kompetenzentwicklung und/oder des Kompetenzstandes (z. B. Verstehen und Reagieren auf mündliche und schriftliche Impulse, Unterstützung des Lernpartners, Wiedergabe von Gehörtem und Gelesenem, Bedienen und Anwenden von digitalen Werkzeugen zur Sprachnutzung, Planung, Produktion und Gestaltung analoger und digitaler Produkte, Anwenden von Lernstrategien und Arbeitstechniken).