1 Aufgaben und Ziele des Faches
Fremdsprachenlernen mit dem Ziel individueller Mehrsprachigkeit gewinnt angesichts der politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Entwicklung Europas und der Globalisierung stetig an Bedeutung. Der Fremdsprachenunterricht der gymnasialen Oberstufe vermittelt sprachlich-kommunikative und interkulturelle Kompetenzen, die eine wichtige Voraussetzung für angemessenes und erfolgreiches Handeln im privaten wie beruflichen Leben sind. Englisch als Weltverkehrssprache nimmt in diesem Zusammenhang eine herausgehobene Rolle ein.
Den gesellschaftlichen Anforderungen an Studierfähigkeit, Berufsorientierung und vertiefte Allgemeinbildung entsprechend ist der Englischunterricht in der gymnasialen Oberstufe dem Leitziel der interkulturellen Handlungsfähigkeit verpflichtet. Er ist wissenschafts- und berufspropädeutisch sowie persönlichkeitsbildend.
Dabei wird die fachpädagogische Arbeit der Sekundarstufe I fortgesetzt: Die Schülerinnen und Schüler bauen im Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe systematisch kommunikative und interkulturelle Kompetenzen auf. Sie werden durch die Vertiefung und Erweiterung ihrer Kompetenzen in unterschiedlichen Lebensbereichen insbesondere auf die Anforderungen vorbereitet, die eine zunehmend international ausgerichtete Hochschulausbildung und eine globalisierte Lebens- und Arbeitswelt an sie richten. Der systematische Kompetenzaufbau und die Vernetzung unterschiedlicher Einzelkompetenzen erfolgt in der Auseinandersetzung mit komplexen, realitätsnahen und anwendungsorientierten Aufgabenstellungen. Dabei wird Englisch in allen Phasen des Unterrichts als Arbeits- und Kommunikationssprache verwendet. Auf diese Weise vertiefen die Schülerinnen und Schüler im Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe auch die notwendigen Kompetenzen, die ihnen das fach- und anwendungsorientierte Lernen im bilingualen Unterricht und in bilingualen Modulen bzw. bilingual akzentuierten Phasen ermöglichen.
Als Orientierung für das Fremdsprachenlernen dient der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen: Lernen, Lehren, Beurteilen [1](GeR); er ermöglicht eine differenzierte Sicht auf die zu vermittelnden kommunikativen Kompetenzen.
Interkulturelle Handlungsfähigkeit zielt auf den kompetenten Umgang mit der Kultur und Lebenswirklichkeit englischsprachiger Länder, insbesondere den gesellschaftlichen Phänomenen, Strukturen und Diskursen, der Literatur sowie den Medien. Der Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe behandelt deshalb soziokulturell und global bedeutsame Themen und deren Darstellung in authentischen und anspruchsvollen englischsprachigen Texten und Medien. Durch den Umgang mit Texten und Medien der Zielkulturen erweitern die Schülerinnen und Schüler im Englischunterricht ihre schulisch und außerschulisch erworbenen Einblicke in die Vielfalt anglophoner Kultur- und Sprachräume. Die Auseinandersetzung mit anderen Lebenswirklichkeiten, sowohl aus historisch erklärender als auch aus geschlechterdifferenzierender Perspektive, fördert die Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler zur Selbstreflexion und eröffnet ihnen die Möglichkeit, Distanz zu eigenen Sichtweisen und Haltungen herzustellen, kulturell geprägte Lebenswirklichkeiten, Normen und Werte zu verstehen und in ihrem interkulturellen Handeln angemessen zu berücksichtigen. Dabei stärkt der Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe – im Einklang mit den anderen Fächern des sprachlich-literarischen Aufgabenfeldes – kontinuierlich die Text- und Medienkompetenz.
Durch die Beschäftigung mit der literarisch-ästhetischen Dimension soll den Schülerinnen und Schülern außerdem Freude an der englischen Sprache, am Sprachenlernen und am Sprachgebrauch vermittelt und ihre Motivation erhöht werden, sich auch außerhalb der Schule und über die Schulzeit hinaus neuen Spracherfahrungen zu stellen. Damit unterstützt der Englischunterricht sie bei der Entwicklung individueller Mehrsprachigkeitsprofile. Das geschieht auch, indem – wie bereits in der Sekundarstufe I angebahnt – der Sprachlernkompetenz (language learning awareness) besondere Aufmerksamkeit gewidmet wird. Kompetenzen sowie Einstellungen und Haltungen, welche die Schülerinnen und Schüler im Umgang mit (Fremd-)Sprachen erworben haben, sollen ihnen helfen, weitere Sprachen zu erlernen.
Die englische Sprache befindet sich weltweit im Umbruch. Aufbauend auf der historisch gewachsenen Vielfalt sprachlicher Varietäten des Englischen führt der Globalisierungsprozess zur verstärkten Verwendung des Englischen als lingua franca. Ein stärkeres Bewusstsein hinsichtlich der großen Zahl von Varietäten und Verwendungsformen sowie vertiefte Einsichten in die Struktur und den Gebrauch der sich wandelnden englischen Sprache (Sprachbewusstheit: language awareness) setzen einen oberstufengemäßen Akzent im Bereich der Sprachbeherrschung und fördern die interkulturelle Handlungsfähigkeit.
Der Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe ist in besonderer Weise der individuellen Förderung verpflichtet. Dabei geht es darum, die Potenziale jeder einzelnen Schülerin und jedes einzelnen Schülers zu erkennen, zu entwickeln, zu fördern und den Bildungsverlauf durch systematische individuelle Beratung und Unterstützung zu begleiten.
Dies korrespondiert im Englischunterricht der gymnasialen Oberstufe mit dem Leitbild des aktiven, kooperativen und selbstständigen Lernens. In diesem Sinne bietet der Englischunterricht vielfältige und anregungsreiche Lerngelegenheiten, in denen die Schülerinnen und Schüler ihr Können und Wissen in gut organisierter und vernetzter Weise erwerben, vertiefen und reflektieren sowie zunehmend mehr Verantwortung für den Erwerb von Kompetenzen übernehmen können. Dazu tragen auch Vorhaben bei, die den Unterricht für das Umfeld der Schule und Möglichkeiten persönlichen grenzüberschreitenden Austausches öffnen, etwa zeitlich begrenzte Projektphasen sowie den Unterricht begleitende Vorhaben (z.B. Exkursionen, Studienfahrten, internationale Begegnungen, Korrespondenzprojekte, Teilnahme an Wettbewerben, Felduntersuchungen).
Innerhalb der von allen Fächern zu erfüllenden Querschnittsaufgaben trägt insbesondere auch der Englischunterricht im Rahmen der Entwicklung von Gestaltungskompetenz zur kritischen Reflexion geschlechter- und kulturstereotyper Zuordnungen, zur Werteerziehung, zur Empathie und Solidarität, zum Aufbau sozialer Verantwortung, zur Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft, zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, auch für kommende Generationen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, und zur kulturellen Mitgestaltung bei. Darüber hinaus leistet er einen Beitrag zur interdisziplinären Verknüpfung von Kompetenzen, auch mit gesellschafts- und naturwissenschaftlichen Feldern, sowie zur Vorbereitung auf Ausbildung, Studium, Arbeit und Beruf.
Das Fach Englisch wird in der gymnasialen Oberstufe als fortgeführte Fremdsprache unterrichtet. Aufbauend auf dem am Ende der Sekundar-stufe I erreichten Niveau erweitern und vertiefen die Schülerinnen und Schüler ihre fremdsprachlichen Kompetenzen im Englischunterricht in der gymnasialen Oberstufe.
In der Einführungsphase treffen die Schülerinnen und Schüler auf vielfältige Lerngelegenheiten, die sie auf die Anforderungen der Qualifikationsphase vorbereiten. Am Ende der Einführungsphase erreichen die Schülerinnen und Schüler die Niveaustufe B1 des GeR mit Anteilen an der Niveaustufe B2.
Die fortgeführte Fremdsprache Englisch wird in der Qualifikationsphase als dreistündiger Grundkurs und als fünfstündiger Leistungskurs unterrichtet. Sowohl der dreistündige Grundkurs als auch der fünfstündige Leistungskurs verfolgen die oben genannten Aufgaben und Ziele des Faches jeweils in der gesamten Breite. Im Grundkurs erwerben die Schülerinnen und Schüler eine verlässliche Basis interkultureller fremdsprachlicher Handlungskompetenz. Dies gilt gleichermaßen für den Leistungskurs. Darüber hinaus erwerben die Schülerinnen und Schüler im Leistungskurs die Kompetenzen in einer breiteren und tieferen Auseinandersetzung mit Texten und Medien sowie in einem höheren Maß an Selbstständigkeit. Am Ende der Qualifikationsphase erreichen die Schülerinnen und Schüler die Niveaustufe B2 des GeR mit Anteilen an der Niveaustufe C1 in den rezeptiven Bereichen.
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[1] Europarat – Rat für kulturelle Zusammenarbeit (2001), Gemeinsamer europäischer Referenzrahmen für Sprachen: Lernen, Lehren, Beurteilen (GeR), hrsg. v. Goethe-Institut Inter Nationes u.a., Langenscheidt: Berlin u. a. Der Text ist hier abrufbar.