1 Aufgaben und Ziele des Faches
Innerhalb des sprachlich-literarisch-künstlerischen Aufgabenfelds besitzen die Fächer Deutsch, Kunst, Musik und Literatur neben ihrer fachspezifischen Ausrichtung Gemeinsamkeiten: Sie leisten innerhalb des Fächerkanons des Weiterbildungskollegs wesentliche Beiträge zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung, die die Wahrnehmung, Gestaltung und Reflexion der Vielgestaltigkeit von Kultur und Lebenswirklichkeit umfassen.
Innerhalb der von allen Fächern zu erfüllenden Querschnittsaufgaben tragen insbesondere auch die Fächer des sprachlich-literarisch-künstlerischen Aufgabenfelds im Rahmen der Entwicklung von Gestaltungskompetenz zur kritischen Reflexion geschlechter- und kulturstereotyper Zuordnungen, zur Werteerziehung, zur Empathie und Solidarität, zum Aufbau sozialer Verantwortung, zur Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft, zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, auch für kommende Generationen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, und zur kulturellen Mitgestaltung bei. Darüber hinaus leisten sie einen Beitrag zur interkulturellen Verständigung, zur interdisziplinären Verknüpfung von Kompetenzen, auch mit gesellschafts-, sprach- und naturwissenschaftlichen Feldern, sowie zur Vorbereitung auf weitere Ausbildung, Studium, Arbeit und Beruf.
Das Fach Kunst zielt in diesem Aufgabenfeld durch seine Inhalte und Methoden auf den Aufbau von Bildkompetenz, die der visuellen Emanzipation und Persönlichkeitsbildung dient. Durch die Entwicklung der Fähigkeiten, sich in Gestaltungen auszudrücken und alltägliche und künstlerische Gestaltungen zu erschließen, wird dies erreicht. Die Auseinandersetzung mit Bildern im Kunstunterricht erstreckt sich auf die Wahrnehmung und die Herstellung von Bildern und das Kommunizieren über Bilder. Die dabei relevanten kognitiven Prozesse sind die der Produktion, Rezeption und Reflexion. Sie werden in diesem Kernlehrplan ausdifferenziert und konkretisiert. Produktion, Rezeption und Reflexion von Bildgestaltungen, Gestaltungsprozessen sowie der Wahrnehmungen und Wahrnehmungsbedingungen bilden einen notwendigen Integrationszusammenhang.
Im Fach Kunst kann alles zum Lerngegenstand werden, was in der Hauptsache auf visuelles Wahrnehmen hin erdacht und gemacht ist: Malerei, Grafik, Plastik, Design, Architektur, Fotografie, Film, Installation, Performance etc. Zur Vereinfachung ist in diesem Text nur von „Bildern“ die Rede. „Bilder“ steht also stellvertretend für eine Vielzahl möglicher Fachgegenstände.
Bilder hatten als komplexe Informationsträger schon immer eine herausragende Bedeutung. Durch neue Technologien hat ihr Einfluss bedeutend zugenommen, weil Bilder schnell verfügbar und allgegenwärtig sind und so auf eine noch größere Zahl von Informations-, Verständigungs- und Entwicklungsprozessen einwirken. Deshalb prägen sie in besonderem Maße Persönlichkeitsbildung und Wirklichkeitskonstruktion.
Das gesamte Feld bildhafter Verständigungssysteme und -strategien ist Gegenstand des Faches Kunst. Ästhetische Gestaltungen, insbesondere Werke der bildenden Kunst, sind hier vorrangig als Modelle der Wirklichkeitskonstruktion aufgefasst. Dabei bezieht sich der Begriff „Modell“ hier nicht auf Vorbildhaftes, sondern auf die Repräsentation von wesentlichen Merkmalen und Prinzipien eines Sachverhaltes auf einer höheren Abstraktionsebene. Zum einen erfolgt hierbei eine Auseinandersetzung mit den Wirklichkeitskonzeptionen, die durch diese Modelle vermittelt werden, zum anderen werden bei dieser Auseinandersetzung Strukturen dieser Modelle selbst thematisiert. Damit gewinnt das Fach Kunst einen interdisziplinären Anspruch, wie auch aus interdisziplinären Zusammenhängen künstlerische Problemstellungen erwachsen können.
Im Fach Kunst bauen Studierende Kompetenzen auf, die durch selbstbestimmtes Handeln und anschauliches Denken geprägt sind. Um diese Kompetenzen zu erreichen, müssen die Studierenden Problemstellungen, Lösungswege und Ergebnisse selbstständig erarbeiten. Die Verwendung von Material und Werkzeugen im Unterricht ist eng gebunden an die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen und die Beachtung der Werkstattordnung.
Grundlage für den Unterricht im Weiterbildungskolleg sind die spezifischen Rahmenbedingungen des Lernens in dieser Schulform. Die Eingangsvoraussetzungen der Studierenden werden durch ihre heterogenen und teilweise diskontinuierlichen Berufs- und Lernbiografien geprägt. Der Unterricht am Weiterbildungskolleg ist somit in besonderer Weise der individuellen Förderung verpflichtet. Dabei geht es darum, die Potenziale jedes Einzelnen zu erkennen, zu entwickeln, zu fördern, auf die unterschiedlichen Lernerfahrungen der Studierenden einzugehen und den Bildungsverlauf durch systematische individuelle Beratung und Unterstützung zu begleiten. Dies korrespondiert mit dem Leitbild des aktiven kooperativen und selbstständigen Lernens. In diesem Sinne bietet der Unterricht vielfältige und anregungsreiche Lerngelegenheiten, in denen die Studierenden ihr Können und Wissen in gut organisierter und vernetzter Weise erwerben, vertiefen und reflektieren sowie zunehmend mehr eigene Verantwortung für den Erwerb von Kompetenzen übernehmen. Studierende können dabei ihre unterschiedlichen Lebens- und Berufserfahrungen einbringen und sich gegenseitig Anregungen geben.
Die Einführungsphase baut auf den bereits erworbenen Kompetenzen auf. Da die Studierenden nicht über gleiche Voraussetzungen verfügen, muss auf der Grundlage einer strukturierten Diagnose die Basis für die Unterrichtsarbeit im Sinne des vorliegenden Kernlehrplans gelegt werden, um so eine Angleichung unterschiedlicher Lern- und Wissensstände zu erreichen und auf die inhaltlichen und methodischen Anforderungen der Qualifikationsphase vorzubereiten. Die im Kernlehrplan für die Einführungsphase formulierten Kompetenzerwartungen kennzeichnen einen Kompetenzstand, der für das Ende der Einführungsphase als Orientierung dient, u.U. aber nicht als abgeschlossen gelten kann. Vielmehr werden die geforderten Kompetenzen durch ihre kontinuierliche Anwendung bis zum Abitur sicher erworben.
Das neue Aufgabenformat „Klausur“ erfordert es, dass Wert auf die Verschriftlichung besonders von Reflexionsanteilen gelegt wird.
Der Grundkurs sichert die kunst- und wissenschaftspropädeutische Ausbildung auf einem grundlegenden Anforderungsniveau. Dabei gewinnen die Studierenden in der Auseinandersetzung mit inhaltlich überschaubaren und deutlich exemplarisch akzentuierten fachlichen Fragestellungen Orientierung in Bildwelten. An ausgewählten Beispielen der Kunstgeschichte und der eigenen gestalterischen Produktion werden grundlegende fachmethodische Kompetenzen ausgebildet.
Im Leistungskurs werden von den Studierenden kunst- und wissenschaftspropädeutische Zugänge auf einem erhöhten Anforderungs- und Abstraktionsniveau durch eine differenziertere und selbstständige Auseinandersetzung mit komplexen kunstfachlichen und kunstmethodischen Problemstellungen entwickelt. Der Leistungskurs weist einen erhöhten Reflexionsanteil auf und ist durch das Einfordern einer differenzierteren Fachsprache und einen erhöhten Anteil an Aufgaben des Anforderungsbereiches III gekennzeichnet.