1. Aufgaben und Ziele des Wahlpflichtfaches Biologie
Der Wahlpflichtbereich nimmt an der Realschule eine bedeutende Stellung ein. Er bietet den Schülerinnen und Schülern die Gelegenheit zu individuellen Schwerpunktsetzungen und ermöglicht den Schulen eine spezifische Profilbildung. Darüber hinaus unterstützt der Unterricht im Wahlpflichtfach durch seine praktischen Anteile die berufliche Orientierung der Schülerinnen und Schüler. Das Wahlpflichtfach besitzt in Bezug auf die schriftlichen Lernerfolgsüberprüfungen sowie die Bestimmungen zum Erwerb von Schulabschlüssen die gleiche Bedeutung wie die Fächer Deutsch, Mathematik und Englisch.
Der Lernbereich Naturwissenschaften wird bestimmt durch drei sich teilweise ergänzende Perspektiven, unter denen die Natur und ihre Gesetzmäßigkeiten in den Blick genommen werden. Die Chemie untersucht und beschreibt die stoffliche Welt und deren Veränderungen. Stoff- und Energieumwandlungen werden hier durch Teilchen- und Strukturveränderungen und den Umbau chemischer Bindungen erklärt. Die Physik verfolgt das Ziel, grundlegende Gesetzmäßigkeiten der Natur zu erkennen und zu erklären. Der Beitrag der Biologie liegt in der Auseinandersetzung mit dem Lebendigen auf verschiedenen Systemebenen von der Zelle über Organismen bis hin zur Biosphäre. Biologisches Verständnis erfordert, zwischen den verschiedenen Systemen gedanklich zu wechseln und unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. Biologische Erkenntnisse betreffen Menschen als Teil und als Gestalter der Natur. Mithilfe biologischer Fragestellungen wird Schülerinnen und Schülern die wechselseitige Abhängigkeit von Mensch und Umwelt bewusst. Der Unterricht eröffnet ihnen außerdem Einblicke in Bau und Funktion des eigenen Körpers und leistet so einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitserziehung und Lebensplanung. Das Wahlpflichtfach Biologie richtet sich an Schülerinnen und Schüler mit besonderem Interesse für die spezifisch biologische Perspektive auf natürliche und technische Zusammenhänge sowie neuere Entwicklungen in den Bereichen der Nahrungsversorgung und Medizin. Es ermöglicht ein grundlegendes Verständnis für ein zeitgemäßes und aufgeklärtes Weltbild sowie für gesellschaftliche und technische Fortschritte im Sinne einer Verbraucherbildung insbesondere auch dann, wenn Zukunftsfragen wie Nachhaltigkeit und gerechte Entwicklung berührt werden. Innerhalb der von allen Fächern zu erfüllenden Querschnittsaufgaben trägt insbesondere auch der Unterricht im Wahlpflichtfach Biologie im Rahmen der Entwicklung von Gestaltungskompetenz zur kritischen Reflexion geschlechter- und kulturstereotyper Zuordnungen, zur Werteerziehung, zur Empathie und Solidarität, zum Aufbau sozialer Verantwortung, zur Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft, zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, auch für kommende Generationen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, und zur kulturellen Mitgestaltung bei. Darüber hinaus leistet er einen Beitrag zur interkulturellen Verständigung, zur interdisziplinären Verknüpfung von Kompetenzen, auch mit anderen Fächern und Lernbereichen, sowie zur Vorbereitung auf Ausbildung, Studium, Arbeit und Beruf. Fachliches und sprachliches Lernen sind untrennbar miteinander verbunden und finden in jedem Unterricht statt. Deshalb kommt auch im Wahlpflichtfach Biologie dem sprachsensiblen Fachunterricht eine besondere Bedeutung zu.
Der Wahlpflichtunterricht Biologie hat eine vertiefte naturwissenschaftliche Grundbildung zum Ziel. Gemäß den für alle Bundesländer verbindlichen Bildungsstandards(1) beinhaltet naturwissenschaftliche Grundbildung Phänomene erfahrbar zu machen, die Sprache und Geschichte der Naturwissenschaften zu verstehen, ihre Erkenntnisse zu kommunizieren sowie sich mit ihren spezifischen Methoden der Erkenntnisgewinnung und deren Grenzen auseinander zu setzen. Typische theorie- und hypothesengeleitete Denk- und Arbeitsweisen ermöglichen eine analytische und rationale Betrachtung der Welt.
Im Wahlpflichtbereich erfährt diese Grundbildung gegenüber dem Regelfach eine Vertiefung vor allem in qualitativer Hinsicht. Angestrebt werden ein erweitertes konzeptionelles Verständnis, Fähigkeiten zur Abstraktion und zur differenzierteren Modellbildung, auch mit Bezug auf Formalisierung und Mathematisierung, ebenso wie bewusstere und systematischere Vorgehensweisen bei der Laborarbeit(2) und bei anderen Erkenntnisprozessen. Weiterhin sollen die Motivation zur Auseinandersetzung mit naturwissenschaftlichen Fragestellungen gefördert sowie Bereitschaften und Fähigkeiten gesteigert werden, auf erworbene Kompetenzen in variablen Situationen, etwa beim Weiterlernen in Schule, Ausbildung und Beruf, zurückzugreifen. Der vorliegende Kernlehrplan konkretisiert die Kompetenzen, die als Ergebnis des Unterrichts erwartet werden. Schülerinnen und Schüler erwerben neben einem rationalen Verständnis der erlebten Welt notwendige Basiskenntnisse und Kompetenzen für die Bewältigung von Anforderungen in zahlreichen Berufsfeldern sowie Voraussetzungen für ein anschlussfähiges, lebenslanges Lernen.
Der Unterricht im Wahlpflichtfach Biologie zeichnet sich gegenüber dem Regelunterricht durch zunehmend komplexer werdende Problemstellungen aus und baut auf den Kompetenzen auf, die im Biologieunterricht der Jahrgangsstufen 5 und 6 erworben wurden. Ebenso wie im Regelunterricht sollen im Wahlpflichtfach Biologie Wissensstrukturen durch die Basiskonzepte vernetzt, erweitert und weiter ausdifferenziert werden. Kompetenzen sollen in Kontexten entwickelt werden, die gleichermaßen von Schülerinnen als auch von Schülern als sinnvoll wahrgenommen werden. Ein Unterricht im Wahlpflichtfach muss Mädchen ebenso wie Jungen dazu ermutigen, ihr Interesse an biologischen Zusammenhängen selbstbewusst zu verfolgen und so ihre Fähigkeiten und Entwicklungspotenziale zu nutzen. Er sollte außerdem aufzeigen, dass biologische Kenntnisse sowohl für Frauen als auch Männer attraktive berufliche Perspektiven eröffnen.
1) Vereinbarung über Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss (Jahrgangsstufe 10) in den Fächern Biologie, Chemie, Physik (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 16.12.2004), 2005: Luchterhand
2) Die Richtlinien zur Sicherheit im Unterricht an allgemeinbildenden Schulen in Nordrhein-Westfalen (RISU – NRW) sind zu beachten.