1 Aufgaben und Ziele des Faches
Innerhalb des sprachlich-literarisch-künstlerischen Aufgabenfeldes besitzen die Fächer Deutsch, Kunst, Musik und Literatur neben ihrer fachspezifischen Ausrichtung Gemeinsamkeiten: Sie leisten innerhalb des Fächerkanons des Weiterbildungskollegs wesentliche Beiträge zur ganzheitlichen Persönlichkeitsentwicklung, die die Wahrnehmung, Gestaltung und Reflexion der Vielgestaltigkeit von Kultur und Lebenswirklichkeit umfassen. Wenn das Fach Deutsch neben den Fremdsprachen am Weiterbildungskolleg das einzige Fach das sprachlich-literarisch-künstlerische Aufgabenfeld vertritt, kommt auch den produktionsorientierten Tätigkeiten innerhalb des Deutschunterrichts besondere Bedeutung zu.
Im Rahmen der von allen Fächern zu erfüllenden Querschnittsaufgaben tragen insbesondere auch die Fächer des sprachlich-literarisch-künstlerischen Aufgabenfeldes im Rahmen der Entwicklung von Gestaltungskompetenz zur kritischen Reflexion geschlechter- und kulturstereotyper Zuordnungen, zur Werteerziehung, zur Empathie und Solidarität, zum Aufbau sozialer Verantwortung, zur Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft, zur Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, auch für kommende Generationen im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung, und zur kulturellen Mitgestaltung bei. Darüber hinaus leisten sie einen Beitrag zur interkulturellen Verständigung, zur interdisziplinären Verknüpfung von Kompetenzen, auch mit gesellschafts- und naturwissenschaftlichen Feldern, sowie zur Vorbereitung auf weitere Ausbildung, Studium, Arbeit und Beruf.
Das Fach Deutsch leistet einen grundlegenden Beitrag zur Kompetenzentwicklung auf dem Weg zur allgemeinen Hochschulreife. Studierende erwerben im Deutschunterricht der Einführungs- und Qualifikationsphase eine vertiefte rezeptive und produktive Text- und Gesprächskompetenz und erweitern ihr literarhistorisches und ästhetisches Bewusstsein. Mit dieser übergreifenden fachlichen Kompetenz richten sich die Ziele des Faches Deutsch auf die Entwicklung
- eines reflektierten Verständnisses in der Auseinandersetzung mit Literatur, Sachtexten, Theater, Film und Medien aus verschiedenen kulturellen und historischen Kontexten,
- ästhetischer Sensibilität in der analysierenden, interpretierenden, gestaltenden Auseinandersetzung mit literarischen Werken,
- einer ethisch fundierten Haltung durch die reflektierte und multiperspektivische Auseinandersetzung mit dem kulturell Anderen in Vergangenheit und Gegenwart sowie
- methodischer Fähigkeiten und Fertigkeiten, die zielgerichtetes, selbstständiges und selbstorganisiertes Arbeiten beinhalten.
Das Fach Deutsch fördert Einsichten in das System und die Funktionen der Sprache, baut die Fähigkeit zu adressaten- und situationsangemessener sprachlicher Kommunikation weiter aus. Es unterstützt die kompetente Erschließung und Reflexion von Texten und Medien und vermittelt ein fundiertes fachliches Orientierungswissen als Voraussetzung für das Erreichen der fachspezifischen wissenschaftspropädeutischen Grundanforderungen. In der Tradition des erweiterten Textbegriffs wird alles zeichenhaft Vermittelte dem Begriff Text zugeordnet, sodass hierunter beispielsweise auch mündliche Beiträge und mediale Produkte gefasst werden.
Der Erwerb eines vertieften Orientierungswissens stellt sowohl die Grundlage für die aktive Auseinandersetzung mit den Gegenständen des Faches als auch für das fachliche Arbeiten mit Methoden zielgerichteten, selbstständigen und selbstorganisierten Arbeitens dar. Im Fach Deutsch werden dabei vorrangig die Methoden des Verstehens und der intersubjektiven Verständigung über unterschiedliche Lesarten von Texten weiterentwickelt.
Thematisch orientiert sich die Arbeit im Deutschunterricht an historisch-gesellschaftlichen Fragestellungen, die die Studierenden zur Auseinandersetzung mit der Geschichte und zur Einsicht in die historisch-gesellschaftliche Bedingtheit von Sprache und Kommunikation, Texten und Medien und zum Umgang mit ihnen befähigen.
Die Arbeit im Deutschunterricht knüpft an die realen lebensweltlichen Erfahrungen der Studierenden an. Sie beachtet als Bezugspunkt die zu erwerbenden Grundfertigkeiten für Studium, Berufsausbildung und qualifizierte Teilhabe in der modernen Arbeitswelt. Der Deutschunterricht schafft durch die Entwicklung eines kulturellen Gedächtnisses die Voraussetzung für eine aktive Teilhabe am kulturellen Leben und trägt damit zur Persönlichkeitsweiterentwicklung mit dem Ziel eines erweiterten und vertieften Selbst- und Weltverständnisses bei. Ein herausfordernder und abwechslungsreicher Umgang mit den fachlichen Gegenständen fördert sprachlich-künstlerische Ausdrucksfähigkeit und kann zur Unterstützung von Lesefreude beitragen.
Grundlage für den Unterricht im Weiterbildungskolleg sind die spezifischen Rahmenbedingungen des Lernens in dieser Schulform. Die Eingangsvoraussetzungen der Studierenden werden durch ihre heterogenen und teilweise diskontinuierlichen Berufs- und Lernbiografien geprägt. Der Unterricht am Weiterbildungskolleg ist somit in besonderer Weise der individuellen Förderung verpflichtet. Dabei geht es darum, die Potenziale jedes Einzelnen zu erkennen, zu entwickeln, zu fördern, auf die unterschiedlichen Lernerfahrungen der Studierenden einzugehen und den Bildungsverlauf durch systematische individuelle Beratung und Unterstützung zu begleiten. Dies korrespondiert mit dem Leitbild des aktiven kooperativen und selbstständigen Lernens. In diesem Sinne bietet der Unterricht vielfältige und anregungsreiche Lerngelegenheiten, in denen die Studierenden ihr Können und Wissen in gut organisierter und vernetzter Weise erwerben, vertiefen und reflektieren sowie zunehmend mehr eigene Verantwortung für den Erwerb von Kompetenzen übernehmen. Studierende können dabei ihre unterschiedlichen Lebens- und Berufserfahrungen einbringen und sich gegenseitige Anregungen geben.
Auf der Basis von Fachwissen und grundlegender Kompetenzen aus der vorangegangenen Schul- und Ausbildungszeit ist die Arbeit in der Einführungsphase durch eine höhere Komplexität der Prozesse und Gegenstände gekennzeichnet. In der Qualifikationsphase wird die Anforderungsstruktur der Kompetenzerwartungen noch einmal nach grundlegendem und erhöhtem Anforderungsniveau differenziert. Dabei kommt dem Bereich der Reflexion sowie der Eigenständigkeit des Arbeitens zunehmend eine besondere Bedeutung zu.
In der Einführungsphase wird das in der bisherigen Bildungsbiographie erworbene Wissen und Können gefestigt, begrifflich systematisiert und erweitert, um in der Qualifikationsphase erfolgreich arbeiten zu können. Die im Kernlehrplan für die Einführungsphase formulierten Kompetenzerwartungen kennzeichnen einen Kompetenzstand, der für das Ende der Einführungsphase als Orientierung dient, u.U. aber nicht als abgeschlossen gelten kann. Vielmehr werden die geforderten Kompetenzen durch ihre kontinuierliche Anwendung bis zum Abitur sicher erworben.
Während der Qualifikationsphase vermittelt der Grundkurs in allen Bereichen des Faches zentrale Einsichten und Fähigkeiten. So wird die über die Schulzeit hinaus benötigte produktive und rezeptive Text- und Gesprächskompetenz gesichert.
Im Leistungskurs wird stärker vernetzt und vermehrt wissenschaftspropädeutisch gearbeitet, indem auf einem breiter gespannten Gegenstandsfeld gedankliche Vertiefung, methodische Reflexion und konzeptionelle Einordnung ein höheres Gewicht erhalten.