Materialien auswählen
Wenn Sie im Deutschunterricht das Thema „Migration und Zuwanderung“ in den Blick nehmen, werden Sie mit unterschiedlichen Materialien – z. B. Schulbuch, Arbeitsblättern, Zusatzmaterialien, digitalen Medien – arbeiten.
Studien, wie beispielsweise die von der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration in Auftrag gegebene Schulbuchstudie aus dem Jahr 2015, zeigen, dass nicht alle Bildungsmedien genügend diversitätssensibel sind. Im Folgenden finden Sie einige Leitfragen für die Sichtung und Auswahl von Materialien für den Deutschunterricht. Sie basieren auf folgender Grundlage:
- Schulbuchstudie Migration und Integration (PDF, 1,1 MB)
Hrsg. v. d. Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Berlin 2015
- Rösch, Heidi: Bilderbücher zum interkulturellen Lernen.
Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren 1997
Der besseren Lesbarkeit halber wurde auf die Kennzeichnung von Zitaten verzichtet.
Darstellungsweisen von Diversität in Sachtexten/Medien
- Wie wird Kultur dargestellt: als wichtigstes Unterscheidungsmerkmal oder als kontextabhängig?
- Werden auch andere Diversity-Kategorien angesprochen, z. B. unterschiedliche soziale Herkunft, unterschiedliche Lebensweisen und Familienkonstellationen etc.?
- Werden Unterschiede nicht als gegeben, sondern als sozial konstruiert dargestellt?
- Wie werden gesellschaftlich erzeugte Dominanz- und Ungleichheitsverhältnisse dargestellt?
Darstellungsweisen von Diversität in literarischen Texten
- Wie werden Angehörige ethnischer Minderheiten/diskriminierter Gruppen charakterisiert: als Opfer, Täter, aktiv, passiv, Individuum oder Gruppenangehöriger?
- Wie werden ethnische Gruppen dargestellt? Stehen sie für eine positive oder negative Wertehaltung?
- Wie wird Verschiedenheit konstruiert? Spielen Stereotypien, Vorurteile, Ethnisierung oder Kulturalisierung eine Rolle?
- Zeigt die Handlung Ansätze für eine Dekonstruktion von Klischees?
- Werden interkulturell relevante Aspekte behandelt? Sind diese problembeladen (Rassismus, Diskriminierung) oder positiv besetzt (Multiethnizität, Migration als Aufbruch)? Auf welcher Ebene werden sie behandelt – inhaltlich, sprachlich, ästhetisch?
- Unterstützt die Handlung Fremdverstehen – einseitig oder gegenseitig?
- Leistet die Handlung einen altersgerechten Beitrag zur kulturellen Selbstreflexion? Für welche Gruppe – Minderheitenangehörige oder Mehrheitsangehörige?
Möglichkeit zur kritischen Auseinandersetzung
- Sind Aufgabenstellungen weitgehend aus Sicht der Mehrheitsgesellschaft formuliert?
- Regen die Aufgabenstellungen aus einer tendenziell paternalistischen Perspektive zur Empathie mit Einzelschicksalen an?
- Wird Integration primär als Aufgabe der Migrierenden gesehen?
- Werden verschiedene Perspektiven dargestellt oder wird der Eindruck erweckt, als wären Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund eine Ausnahme?
Zugrundeliegende Normen
- Wird Migration als normale gesellschaftliche Wirklichkeit dargestellt?
- Gilt Differenz als legitimationsbedürftig?
- Wer handelt, wer handelt nicht, wer ist von Handeln betroffen, wer nicht?
- Wird Integration als Bringschuld von Migrantinnen und Migranten dargestellt?
- Werden Migration und Integration vornehmlich als ein gesellschaftliches Phänomen dargestellt, an dem die Mehrheitsgesellschaft nicht teilhaben muss?
Begrifflichkeiten
- Welche Begrifflichkeiten werden genutzt, erscheinen sie angemessen?
- Zeigt sich in der Wahl der Begrifflichkeiten eine Definitionsmacht z. B. über Gruppenzugehörigkeiten und damit auch über Ein- und Ausschlüsse?
- Wie wird die deutsche Gesellschaft beschrieben? Wie wird zwischen Wir/Deutsche und Anderen (Individuen, Gruppen) unterschieden? Wie werden solche Unterscheidungen definiert und bewertet?
- Werden als Deutsche nur Menschen ohne Migrationsgeschichte verstanden?
Lernende als gesellschaftliche Individuen
- Regt das Material Schülerinnen und Schüler an, eigene Erfahrungen in Zusammenhang mit gesellschaftlichen Strukturen einzubringen?
- Wird die Auseinandersetzung mit persönlichen Fragen ermöglicht, wie z. B.:
- Wie betreffen mich die dargestellten gesellschaftlichen Verhältnisse in Hinblick auf Migration?
- Was ist/kann meine Rolle bei der Gestaltung einer inklusiven Gesellschaft sein?
- Habe ich Privilegien und strukturelle Vorteile?
- Habe ich Erfahrung mit Diskriminierung?
- Welche Mehrfachidentitäten und -zugehörigkeiten vereine ich in mir?
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Dr. Dagmar Missal
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