1 Aufgabe und Ziele des Lernbereichs und der Fächer
Die Fächer des Lernbereichs Gesellschaftslehre leisten einen gemeinsamen Beitrag zur Entwicklung von Kompetenzen, die das Verstehen der Wirklichkeit sowie ihrer gesellschaftlich wirksamen Strukturen und Prozesse ermöglichen und die Mitwirkung in demokratisch verfassten Gemeinwesen unterstützen sollen. Gemeinschaftlich befassen sie sich mit den Möglichkeiten und Grenzen menschlichen Denkens und Handelns im Hinblick auf die jeweiligen individuellen, gesellschaftlichen, zeit- und raumbezogenen Voraussetzungen, Bedingungen und Auswirkungen. Durch die Vermittlung gesellschaftswissenschaftlich relevanter Erkenntnis- und Verfahrensweisen tragen sie in besonderer Weise zum Aufbau eines Orientierungs-, Deutungs-, Kultur- und Weltwissens bei. Dies fördert die Entwicklung einer eigenen Identität sowie die Fähigkeit zur selbständigen Urteilsbildung und schafft damit die Grundlage für das Wahrnehmen eigener Lebenschancen sowie für eine reflektierte Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Lebenswirklichkeiten. Innerhalb der von allen Fächern zu erfüllenden Querschnittsaufgaben tragen insbesondere auch die Fächer des Lernbereichs Gesellschaftslehre im Rahmen der Kompetenzentwicklung zur Sensibilisierung für unterschiedliche Geschlechterperspektiven, zur Werteerziehung, zum Aufbau sozialer Verantwortung, zur Gestaltung einer demokratischen Gesellschaft, zur nachhaltigen Entwicklung und Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, zur kulturellen Mitgestaltung, zum interkulturellen Verständnis sowie zur Vorbereitung auf Beruf und Arbeitswelt bei.
Vor diesem Hintergrund bringen die drei Fächer des Lernbereichs ihre jeweils eigenständige Perspektive in den Aufbau gesellschaftswissenschaftlicher Kompetenz bei den Schülerinnen und Schülern ein.
Die Perspektive des Faches Erdkunde zielt auf das Verständnis der naturgeographischen, ökologischen, politischen, wirtschaftlichen sowie sozialen Strukturen und Prozesse der räumlich geprägten Lebenswirklichkeit. Die Erfassung des Gefüges dieser Strukturen und Prozesse sichert das für den Einzelnen und die Gesellschaft notwendige Wissen über den Raum als Grundlage für eine zukunftsfähige Gestaltung der nah- und fernräumlichen Umwelt. Durch die Erschließung sowohl des Nahraumes als auch fremder Lebensräume wird Toleranz gegenüber dem Eigenwert fremder Kulturen angebahnt und auf ein Leben in einer international verflochtenen Welt vorbereitet. Der Aufbau eines topographischen Grundwissens über themenbezogene regionale bis globale Orientierungsraster ist Voraussetzung für ein differenziertes raumbezogenes Verflechtungsdenken. Diese Aspekte werden unter dem Begriff der raumbezogenen Handlungskompetenz im weiteren Sinne zusammengefasst.
Die Perspektive des Faches Geschichte lässt für die Schülerinnen und Schüler unter anderem erkennbar werden, wie menschliche Gesellschaften entstanden sind, wie diese sich in den Dimensionen Zeit und Raum entwickelt haben und welche Entwicklungsprozesse bis in die Gegenwart hinein wirken, gesellschaftliche Verhältnisse prägen und dadurch Urteilen und Handeln der Menschen sowie ihr Planen in die Zukunft beeinflussen. Das Fach trägt auch zur Orientierung bei, indem es bei der Beschäftigung mit vergangenen Zeiten oder anderen Kulturen Fremdes, ggf. auch Alternativen zum „Hier und Jetzt“, aufzeigt. Die historische Gebundenheit des gegenwärtigen Standortes wird so erkennbar, die Möglichkeit zu dessen kritischer Würdigung eröffnet und die Ausbildung eines reflektierten Geschichtsbewusstseins ermöglicht.
Die Perspektive des Faches Politik trägt dazu bei, dass die Lernenden politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen sowie relevante Probleme und Gegebenheiten, aber auch das Handeln von Individuen und Gruppen unter Berücksichtigung der dahinterliegenden Wertvorstellungen und Interessen verstehen sowie kompetent beurteilen können. Sie hilft dabei, dass Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden, ein möglichst dauerhaftes und belastbares politisch-demokratisches Bewusstsein auszubilden, das sie dazu befähigt, ihre Rollen als mündige Bürgerinnen und Bürger in der Demokratie wahrzunehmen und politische, gesellschaftliche sowie ökonomische Prozesse aktiv mitzugestalten.
Das Zusammenwirken der Fächer auf der Basis der Rahmenvorgaben für die politische und für die ökonomische Bildung sowie auf der Grundlage lernbereichs- und fachgruppenbezogener Absprachen, fächerverbindender Unterrichtsvorhaben und schulinterner Lehrplangestaltung ermöglicht insgesamt einen vernetzten und vertieften Kompetenzaufbau, der die Integration fachspezifischen Teilwissens in übergreifende Sinnzusammenhänge befördert. Vor dem Hintergrund vergleichbarer Kompetenzerwartungen im fächergetrennt sowie im integriert angebotenen Unterricht werden ein durchgehend integriertes (vgl. Abschnitt A), ein durchgehend fächergetrenntes (vgl. Abschnitte B, C und D) sowie ein zwischen beiden Formen am Ende der Jahrgangsstufen 6 oder 8 wechselndes Unterrichtsangebot curricular besonders unterstützt. Die Entscheidung über die Angebotsform trifft gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Sekundarstufe I (APO-SI) die Schulkonferenz. Den Fachkonferenzen Erdkunde, Geschichte und Politik bzw. der Fachkonferenz Gesellschaftslehre obliegt es, für den Lernbereich insgesamt Zuordnungsabsprachen über den gemeinsamen Aufbau von Kompetenzen zu treffen, sodass auch im Einzelfachunterricht Synergieeffekte sowie zusätzliche zeitliche Spielräume eröffnet werden.
Im Rahmen bilingualer Angebote im Lernbereich Gesellschaftslehre wird über den Aufbau der spezifisch gesellschaftswissenschaftlichen Kompetenz hinaus schrittweise auch auf fachsprachliches und fachmethodisches Arbeiten in der Fremdsprache hingeführt. Dies kann auf der Grundlage der ausgewiesenen sachfachbezogenen Kompetenzerwartungen zur Setzung besonderer inhaltlicher Bezüge zu den jeweiligen Partnerländern führen.