Sozialkompetenztraining: Umgang mit Störungen im Schulalltag - das „Wolkenheft“
Die Grundlage und den Ausgangspunkt des Konzepts zu dem hier vorgestellten Sozialkompetenztraining bildet die auf der vorausgehenden Seite formulierte, gelebte Überzeugung, dass das gesamte Schulkollegium ein multiprofessionelles Team mit gemeinsamen Zielen und Grundsätzen bildet und dass die Schulsozialarbeit an der Realschule Strünkede als eigenes Handlungsfeld wichtiger Bestandteil desselben ist. Was also zunächst und oft im Rahmen des Unterrichts beobachtet und eventuell als „Problemlage“ festgestellt wird, ist Ausgangspunkt für ein gemeinsames, abgestimmtes Vorgehen im multiprofessionellen Team, um darüber zu einem wirksamen, nachhaltigen Effekt für das Schulleben insgesamt zu kommen.
Kurze Erläuterung der Ausgangslage:
Unterrichtsstörungen wirksam zu bewältigen ist eine der großen Herausforderungen im Schulalltag. Einfache Lösungen gibt es hierbei nicht. Oft kommt es auf den situativen Zusammenhang an, der darüber entscheidet, ob eine erzieherische Einwirkung in einem konkreten Fall geboten und zielführend oder unbrauchbar ist. Grundsätzlich gilt natürlich, dass guter Unterricht mit genauer Diagnose, um die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler zu erkennen, differenzierten und passgenauen Lernangeboten, einem guten Classroom-Management mit gemeinsam festgelegten Regeln und klaren Konsequenzen, transparenter Unterrichtsgestaltung und hoher effektiver Nutzung der Lernzeit von großer Bedeutung sind, um Unterrichtsstörungen präventiv zu begegnen. Nichtsdestotrotz lassen sich Unterrichtsstörungen nicht gänzlich vermeiden. Die pandemiebedingte Online-Beschulung oder teilweise Nichtbeschulung von Schülerinnen und Schülern während der Schulschließungen haben das Problem weiter verschärft. Es lässt sich feststellen, dass die Entwicklung von positiven Lern- und Klassenklimas gestört wurde. Das ist eine große Belastung für Lehrende und Lernende gleichermaßen. Die Folge können u.a. Unmotiviertheit, geringe Lernerfolge oder Angst vor dem Unterricht (sowohl bei den Lernenden als auch bei den Lehrenden) sein.
Aus dieser Problemlage heraus wurde ein Konzept, vorrangig für die Erprobungsstufe, zum Umgang mit Unterrichtsstörungen entwickelt und umgesetzt, was hier kurz erläutert werden soll.
Eine Klassenleitung wird entweder selbst oder durch Gespräche mit Lehrenden, Lernenden und/ oder Erziehungsberechtigten auf die schwierige Situation in einer Lerngruppe aufmerksam. Sofern die üblichen Bemühungen nicht erfolgreich sind, informiert die Klassenleitung die Schulleitung über die Situation.
Schulleitung, Klassenleitung und Schulsozialarbeit führen mit der Klasse eine Diagnose durch. Anhand der Ergebnisse wird dann weiter das Gespräch mit den Lernenden in der betroffenen Lerngruppe gesucht. Den Schülerinnen und Schülern wird dabei von Anfang an verdeutlicht, dass es nicht um eine „Bestrafung“ von Störenfrieden geht, sondern um ein Unterstützungsangebot. In Folge dieser Gespräche zeigt sich, welche Kinder oder Jugendlichen großen Anteil an der Situation haben, welche eher zu den Mitläuferinnen und Mitläufern gehören und welche eher zurückhaltend sind und nicht auffallen, durch ihre Inaktivität aber die Unterrichtsstörungen mit ermöglichen. Im weiteren Prozess werden die Kinder/ die Jugendlichen und die Eltern miteinbezogen. Insbesondere die Eltern der Schülerinnen und Schüler, die einen großen Anteil am negativen Klassenklima haben, werden zu einem Gespräch eingeladen und dazu ermutigt, zusammen mit der Schule ein Unterstützungspaket zu erarbeiten. In der Umsetzung erhalten die Schülerinnen und Schüler, bei denen eine Verhaltensänderung erzielt werden soll, das „Wolkenheft“. Zusammen mit einer Schulsozialarbeiterin oder einem Schulsozialarbeiter werden smarte Ziele formuliert. Pro Woche wird ein Verhaltensziel festgelegt und nur dieses wird nach jeder Stunde von den unterrichtenden Fachlehrkräften bewertet (Sonne = Ziel ist erreicht; weiße Wolke = teilweise erreicht; graue Wolke mit Blitz = nicht erreicht). Am Ende jeder Woche findet ein Einzelgespräch mit der Schulsozialarbeiterin oder dem Schulsozialarbeiter statt. Gemeinsam wird evaluiert, ob das Verhaltensziel erreicht ist, es werden Gelingensbedingungen oder Gründe für den Misserfolg benannt und weitere Verhaltensziele vereinbart. Mit jeder neuen Woche sind weniger Blitze „erlaubt“. Diese Unterstützungsmaßnahme wird für einen Zeitraum von ca. 10 Wochen durchgeführt und am Ende evaluiert. Ziel ist es einerseits, dass die Schülerinnen und Schüler, mit denen gearbeitet wird, ihr eigenes Verhalten zunehmend selbstständig reflektieren und regulieren und andererseits, dass sich das Lernklima insgesamt verbessert, sodass wieder alle Beteiligten Spaß am Unterricht und am Lernort Schule finden.
Das Konzept und die genaue Umsetzung ist in diesem Leitfaden (PDF 595 KB) praxisnah für eine schnelle und unkomplizierte Umsetzung erläutert.
Weiterführende Informationen: