Karla-Raveh-Gesamtschule
SINUS.NRW an der Karla-Raveh-Gesamtschule
Andreas Pallack, beauftragt vom Ministerium für Schule und Weiterbildung, besuchte die SINUS.NRW - Schule im Januar 2011 und sprach mit der Schulleitung, den Projektverantwortlichen sowie Mathematiklehrkräften an der Karla-Raveh-Gesamtschule. Er erklärt: „Das Interesse des Ministeriums für Schule und Weiterbildung ist es, möglichst viel über den Umgang mit Projekten wie SINUS.NRW zu erfahren. Materialien anzubieten ist zwar gut und schön – die Entwicklung einer Kultur der individuellen Förderung vor Ort ist jedoch die größere Herausforderung; eine Herausforderung der sich zurzeit viele Schulen in Nordrhein-Westfalen stellen.“
„Unser Engagement begann mit einem Fachkonferenzbeschluss, um sicher sein zu können, dass alle Kolleginnen und Kollegen die Teilnahme an dem Projekt unterstützen. Diagnose und individuelle Förderung wird bei uns seit langem groß geschrieben.
SINUS.NRW bot die Chance, sich mit anderen Schulen auszutauschen."
erläutert Jeanette Fuhrmann, Fachkonferenzvorsitzende Mathematik.
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In SINUS.NRW entwickeln zurzeit Schulen Materialien zur Diagnose und individuellen Förderung für die Jahrgangsstufen 7 und 8. Die Mathematiklehrerinnen und –lehrer der Karla-Raveh-Gesamtschule sind bereits einen Schritt weiter: „Für uns war es wichtig, die Instrumente Selbsteinschätzung, Selbstüberprüfung und Binnendifferenzierung möglichst schnell zum Nutzen unserer Schüler einsetzen zu können. Deswegen wurde kurz nach Start des Projektes – als noch unklar war, dass im Projekt überhaupt Materialien für die Jahrgangsstufen 7 und 8 entwickelt werden – der Entschluss gefasst, für alle Klassenstufen entsprechende Materialien zu entwickeln.“ Im Rahmen des Projektes unterstützte das Ministerium für Schule und Weiterbildung diese Idee durch die Bereitstellung von Speicherplatz und Software – denn nur wenn die technischen Voraussetzungen passen, kann die inhaltliche Arbeit Früchte tragen.
Doch was sagen die Beteiligten zu diesen Neuerungen? Die Schülerinnen und Schüler sind zufrieden. Sie erkannten schnell den Nutzen für ihr Lernen. Auch aus dem Kollegium gibt es viele positive Rückmeldungen. Jedoch gibt es auch Schattenseiten: Da ist zum einen der erhöhte Kopieraufwand – die Lehrerinnen und Lehrer der Karla-Raveh-Gesamtschule wünschen sich entsprechendes Verlagsmaterial, das ihren Ansprüchen gerecht wird.
Der Einsatz der neuen Materialien stellt eine Herausforderung dar: „Wenn ich mit einer Blütenaufgabe – z. B. der Adleraufgabe – in die Klasse gehe, dann ist das erst einmal schwierig, da ich in verschiedene Richtungen denken muss. Wie Schülerinnen und Schüler auf so eine Aufgabe reagieren weiß man erst, wenn man sie durchgeführt hat.“ erklärt einer der Mathematiklehrer. Es gibt eine Vielzahl von Angeboten, aus denen die Lehrkraft auswählen muss. Das kostet Zeit – Empfehlungen wären wünschenswert. „Hier sehen wir auch einen zentralen Ansatz zur Weiterentwicklung des SINUS.NRW-Projektes. Man weiß als Außenstehende nicht, ob und an welchen Schulen das Material erprobt wurde. Zwar sind alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Projektes die Verpflichtung eingegangen, das im Rahmen des Projektes erarbeitete Konzept umzusetzen – jedoch muss die Dokumentation der Erprobung hier deutlich optimiert werden.“, erläutert Frau Fuhrmann.
Andreas Pallack, Koordinator in SINUS.NRW, nimmt dazu Stellung: „Tatsächlich wird an den Schulen mit dem Projekt unterschiedlich umgegangen. Während einige Schulen nur wenige Schwierigkeiten haben ihre Gremien zu nutzen, um Verbindlichkeit zu schaffen, bilden sich an anderen Stellen Parteien innerhalb des Kollegiums. Diese Erfahrung haben wir auch schon in SINUS-Transfer gemacht – allerdings konnten wir die Erfolgs- (oder Misserfolgs-)-determinanten nicht explizit benennen. SINUS.NRW verfolgt insbesondere das Ziel etwas darüber zu lernen, warum fachliche Innovationen an einigen Stellen gut und an anderen Stellen weniger gut gelingen. Die teilnehmenden Schulen müssen notwendig immer wieder ausloten, ob Aufwand und Ertrag des SINUS.NRW-Projektes in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Erträge können dabei zum einen durch die Kooperation und zum anderen durch die eigene Weiterentwicklung erzielt werden.“
Ein besonders beeindruckendes Beispiel bringt eine Referendarin für das Fach Mathematik ein: „Immer wieder bekommt man gesagt, dass kooperatives Lernen wichtig ist und in der Schule umgesetzt werden soll. Die Erfahrung, dass Kinder und Jugendliche von dieser Art des Lernens profitieren, habe auch ich machen können. Im Unterricht parallel laufende Prozesse bedürfen einer besonderen Steuerung. Hier boten sich aus meiner Sicht Blütenaufgaben im Verbund mit Materialecken im Klassenraum an. Ich konnte diese Art des offenen Unterrichts mehrfach erproben und habe nahezu ausschließlich positive Erfahrungen gemacht.“ Die Kollegin hat zugesagt, einen ihrer Unterrichtsentwürfe als best-practice-Beispiel zur Verfügung zu stellen – sie bietet damit eine Anregung für Kolleginnen und Kollegen, die Ansätze zur individuellen Förderung im Mathematikunterricht in ihrem Unterricht intensivieren wollen.
Das Kollegium der Karla-Raveh-Gesamtschule wünscht sich mehr Austausch im Rahmen des Projektes, ohne den Arbeitsaufwand für einzelne Kolleginnen und Kollegen zu erhöhen. Das Ministerium für Schule und Weiterbildung ist stetig bemüht solche Strukturen zu schaffen, allerdings hat Kooperation und Fortbildung immer zwei Seiten: „Adressatengerechte Angebote bereit zu stellen ist auch hier eine große Herausforderung. Unsere Erfahrungen mit Foren oder Chats sind auf der einen Seite positiv – auf der anderen Seite ist der organisatorische Aufwand vergleichsweise groß. Bewährt haben sich regelmäßige Veranstaltungen und Treffen – allerdings bindet das zeitliche Kapazitäten, was oft nicht gewünscht ist“, erklärt Andreas Pallack.
Das Beispiel der Karla-Raveh-Gesamtschule zeigt, dass eine funktionierende schulinterne Vernetzung notwendige Voraussetzung zur Kooperation im Verbund von Schulen ist. Letztendlich sind es kleine wie auch große Räder des Systems, die den reibungslosen Ablauf garantieren müssen. Die Energie, Projekte wie SINUS.NRW überhaupt anzugehen, ziehen die Kolleginnen und Kollegen dabei vor allem aus den Reaktionen der Schülerinnen und Schüler: Sie profitieren von den Angeboten und honorieren die aktiven Lehrkräfte durch ihre Reaktionen sofort.