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Reflexionskreislauf - Geschlechteraspekte im Schulentwicklungskreislauf

Mit einem systematischen Vorgehen anhand eines Reflexionskreislaufs kann eine Schule den Blick auf ihre geschlechtersensible Schulentwicklung in unterschiedlichen Kontexten schärfen. Im Folgenden wird dies anhand eines Qualitätszyklus nach Koltermann (2019) in Anlehnung an Gärtner (2016) beispielhaft dargestellt und beschrieben:

Qualitätszyklus

Für eine Bestandsaufnahme ist in der Regel zunächst eine Dramatisierung, wie bei den expliziten Strategien beschrieben, durch eine geschlechterdifferenzierte Datenerhebung sinnvoll, um Geschlechterdisparitäten überhaupt erst sichtbar zu machen. So können zum Beispiel geschlechterbezogene Leistungsunterschiede in einzelnen Fächern, eine geschlechtertypische Auswahl von Kursen, Arbeitsgemeinschaften und Pausenangeboten oder Geschlechteranteile bei Schulübergängen erkannt und bei Bedarf zum Ausgangspunkt für ein strategisches Vorgehen zum Ausgleich von benachteiligenden Unterschieden gemacht werden.

Im nächsten Schritt erfolgt eine sorgfältige Analyse der Ursachen möglicher Geschlechterunterschiede, möglichst unabhängig von geschlechterbezogenen Vorannahmen und Zuschreibungen. Wissenschaftliche Erkenntnisse und Studienergebnisse unterstützen dabei, Ergebnisse einzuordnen, Ursachen zu erkennen und Anknüpfungspunkte für schulische Entwicklungsarbeit zu generieren. Sie ersetzen jedoch nicht die Prüfung, ob die Erkenntnisse auch auf die vorgefundene Lernausgangslage übertragbar sind, denn jede Schule, jede Lerngruppe und jedes Individuum bringt ganz eigene Vorerfahrungen und Prägungen mit.

Bei der Ursachenanalyse ist auch der Einfluss weiterer Faktoren jenseits der Geschlechterzugehörigkeit der Lernenden einzubeziehen. Dieser entdramatisierende Blick ist wichtig, um bei der Erhebung und Auswertung neben möglichen Geschlechterunterschieden auch Gemeinsamkeiten der Geschlechter, Streuungen, individuelle Faktoren sowie den Einfluss weiterer Kategorien erkennen zu können.

Bei der Bestandsaufnahme und Ursachenanalyse können auch quantitative und qualitative Befragungen der Lernenden, Lehrenden, Eltern sowie ggf. weiterer Personen zum Einsatz kommen, zum Beispiel zu Interessen, Wünschen, Selbstbildern, Einstellungen und Meinungen. Insbesondere wenn Schulen sich dazu entschließen, Geschlechtergerechtigkeit zu einem Arbeitsschwerpunkt zu machen, ist eine solch umfassende Erhebung empfehlenswert.

Auf Grundlage der Bestandsaufnahme empfiehlt es sich, Entwicklungsziele auszuwählen und zu priorisieren, die mithilfe schulischer Maßnahmen erreicht werden sollen. Je nach schulischer Ausgangslage kann es ratsam sein, mit kleineren Maßnahmen – zum Beispiel in Form eines Unterrichtsvorhabens oder Projektes in einer Jahrgangsstufe – zu beginnen und hieraus später weitere Arbeitsschwerpunkte abzuleiten. Schon die Realisierung von kleineren Vorhaben kann wichtige Effekte haben und Impulse für die Weiterarbeit setzen.

Auch bei Arbeitsschwerpunkten, die nicht unmittelbar auf die Ziele der geschlechtersensiblen Bildung ausgerichtet sind, ist die – vielleicht unbeabsichtigte – Wirkung für die Chancengerechtigkeit der Geschlechter mitzudenken. Setzt eine Schule beispielsweise in bestimmten Bereichen schwerpunktmäßig auf freiwillige Angebote, so kann dies aufgrund tendenziell unterschiedlicher geschlechterbezogener Sozialisation eventuell zu einer Verstärkung der – möglicherweise auch benachteiligenden – Geschlechterunterschiede führen. So fließt geschlechtersensible Bildung als Querschnittsaufgabe in sämtliche Schulentwicklungsprozesse ein und wird sinnvoll in die unterschiedlichen schulischen Vorhaben integriert. Dies entspricht dem Gender-Mainstreaming als einer europäischen Gleichstellungsstrategie (vgl. Ministerkomitee des Europarates 2007). Gender Mainstreaming bedeutet, dass alle geplanten Aktivitäten hinsichtlich ihrer unmittelbaren sowie mittelbaren Auswirkungen auf die Lebenssituation von Frauen und Männern bzw. Mädchen und Jungen untersucht und bewertet werden. Außerdem sind Auswirkungen auf Menschen einzubeziehen, die nicht (eindeutig) weiblich oder männlich sind. Ziel ist die Verwirklichung von Chancengleichheit der Geschlechter in allen Bereichen und auf allen Ebenen.

Von besonderer Bedeutung ist die Dokumentation ausgewählter Entwicklungsziele, um ihnen Verbindlichkeit zu geben. Hierfür bietet sich beispielsweise eine Verankerung im Schulprogramm an. Dabei werden konkrete und beobachtbare Indikatoren festgelegt, die später Aufschluss darüber geben, ob die Ziele tatsächlich auch erreicht wurden. Beispielsweise kann eine Schule anstreben, den Anteil der Mädchen oder Jungen zu erhöhen, die sich in einem bestimmten schulischen Bereich engagieren.

Mit der Überprüfung der Maßnahmen durch Evaluation schließt der Entwicklungskreislauf und ermöglicht die Fortschreibung, Anpassung oder Neuentwicklung geeigneter Vorhaben zur geschlechtersensiblen Bildung.

Verwendete Literatur

  • Gärtner, Holger (2016): Referenzrahmen und Schulqualität, interne und externe Evaluation und ein Modell evidenzbasierter Steuerung, in: Dobbelstein, Peter/Groot-Wilken, Bernd/Koltermann, Saskia (Hrsg.): Referenzsysteme zur Unterstützung für die Schulentwicklung, Münster, S. 105-124.
  • Koltermann, Saskia (2019): Unterstützung von und Impulsgebung für Schulentwicklungsprozesse, in: Schulwelt NRW 11/2019, S. 13-17.
  • Ministerkomitee des Europarats (2007): Recommendation CM/Rex (2007) 13 oft the Committee of Ministers to member states on gender mainstreaming in education.

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