Individualisiertes Lernen
Lernarrangements für alle
Lernzeiten sollten in Lernarrangements eingebettet sein, in der möglichst alle Schülerinnen und Schüler trotz der offenen Unterrichtsform lernen und arbeiten können. Es bedarf grundlegender didaktisch-methodischer Entscheidungen, bei der folgende Fragestellungen eine Rolle spielen können:
- Gibt es bestimmte Regeln und Rituale, die ein effektives Arbeiten ermöglichen?
- Ist die Lernumgebung ansprechend und flexibel nutzbar? Gibt es unterschiedliche Lernzonen, -orte und -plätze?
- Sind Arbeitsmaterialien und Hilfsmittel vorhanden und für alle zugänglich?
- Ist den Schülerinnen und Schülern das Ziel ihrer Arbeit bewusst? Sind Lernziele transparent?
- Berücksichtigen Aufgabenformate verschiedene Lernniveaus, Lernzugänge und Sozialformen und können sie zu unterschiedlichen Produkten führen?
- Haben Schülerinnen und Schüler Aufgaben innerhalb des Lernarrangements? Ist es ihnen möglich „Auszeiten“ zu nehmen, um zeitweilig alternativen Beschäftigungen nachzugehen?
In Lernbüros und Lernzeiten individualisierende Lernprozesse ermöglichen
An der Gesamtschule Lohmar sind allgemein verbindliche Regeln und Rituale vereinbart, die allen am Schulleben Beteiligten den notwendigen Rahmen geben.
- Ruhezeichen, eine etablierte Flüsterkultur, Helfersysteme, in die Lernzeit integrierte Phasen zur Reflexion von Lernergebnissen, aber auch von gemeinsamen und persönlichen Zielen gehören dazu.
- Vereinbarungen für selbstgesteuerte Arbeitsprozesse und Regeln zur Nutzung von Lernräumen und der Ablage des Arbeitsmaterials sowie Übereinkünfte zum wertschätzenden Umgang untereinander bewirken ein konstruktives Miteinander.
- Darüber hinaus sind individuell mit Schülerinnen und Schülern vereinbarte Verabredungen und Rituale sowie ein Angebot individuell nutzbarer Unterstützungssysteme notwendig, um das Leben und Lernen für alle Schülerinnen und Schüler an unserer Schule gleichermaßen zu realisieren.
- Individuelle Absprachen können sich auf die Nutzung von Lernplätzen und -räumen, zeitweises Arbeiten in parallelen Lerngruppen, aber auch auf die Zusammenarbeit in einer Lernpartnerschaft beziehen.
- Schülerinnen und Schüler können besondere Aufgaben übernehmen und als Experten für bestimmte Bereiche und Schwerpunktthemen fungieren (z.B. Moderation der Lernzeit, Sorge für das Arbeitsmaterial, Reflexion der Klassenregel am Teampinnboard, Ansprechpartner für ein Thema oder Unterrichtsfach).
- Verabredungen können auch ‚Auszeiten‘ betreffen, so dass im Rahmen von Lern- und Unterrichtszeiten in Ruhezonen zeitweise anderen Aktivitäten nachgegangen werden kann, um wieder konzentriert arbeiten zu können (z.B. Nutzung von Entspannungs-, Bewegungs-, Kreativ- oder Spielangeboten).
Individualisiert mit Arbeitsplänen lernen – Lernjobs und Lernpläne
Individuelles Lernen findet in Lernbüros und Lernzeiten an der Gesamtschule Lohmar auf der Basis von kompetenzorientierten Lernjobs (Jg. 5-8) und Lernplänen (Jg.9, 10) statt. Bei beiden Instrumenten handelt es sich um Arbeitspläne, die Schülerinnen und Schüler ermöglichen für einen gewissen Zeitraum selbstständig an Inhalten und Themen eines bestimmten Faches arbeiten – und das in ihren eigenen Lerntempi.
Je nach Konzeption dienen diese Arbeitspläne der Übung und Vertiefung bekannter Fachinhalte. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass sich Lernende auf der Basis ihrer Vorkenntnisse neue Fachinhalte selbst erschließen.
Der Vorteil kompetenzorientierter Arbeitspläne liegt darin, dass ein differenzierender Zugang zu Lerninhalten realisiert werden kann. Entsprechend der Bedürfnisse der Lernenden können Aufgabenformate, Lernmaterialien, Methoden und Sozialformen berücksichtigt werden, die den Lernvoraussetzungen einer heterogenen Schülerschaft entsprechen.
Möglichkeiten der Differenzierung
- Lernniveau: Die den Kompetenzen („Ich-kann-Formulierungen“) zugeordneten Lernaufgaben in Lernjobs und Lernplänen berücksichtigen verschiedene Lernniveaus und enthalten Basis-, weiterführende Aufgaben (B, W*, W**). Zum Teil gibt es für Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit Aufgaben oder Schwerpunkte innerhalb eines bestimmten Fachinhaltes auszuwählen und so nach Interesse zu lernen. Zusatzaufgaben (Z) motivieren Schülerinnen und Schüler dazu sich eingehender mit einer Thematik auseinanderzusetzen und Inhalte zu vertiefen.
- Lernmaterial: In Lernjobs und Lernpläne sind unterschiedliche Materialien Grundlage des Lernens. Neben Fachbüchern und Arbeitsheften kann bspw. auf fachspezifische Material- und Methodensammlungen, Nachschlagewerke, Lernspiele oder auditive sowie visuelle Medien zurückgegriffen werden.
- Sozialformen: In Phasen des selbstgesteuerten Lernens muss nicht nur Einzelarbeit dominieren. Schülerinnen und Schüler lernen oftmals sehr ausdauernd, wenn sie mit Lernpartnern zusammenarbeiten. Daher in Lernjobs und Lernplänen Phasen kooperativen Lernens vorgesehen.
- Lerntempo: Für Arbeitsprozesse benötigen Schülerinnen und Schüler unterschiedlich viel Zeit. Auf der Grundlage von Lernjobs und Lernplänen ist es möglich, mit Lernenden individuelle Zeitvorgaben zu vereinbaren. Für den Lernenden entfällt der Druck mit dem Tempo der Lerngruppe mithalten zu müssen.
- Produkte: Teilweise lassen Lernjobs und Lernpläne den Schülerinnen und Schülern offen, zu welchen Produkten Arbeitsprozesse führen. Lernende können dann auswählen, ob sie ihre Arbeitsergebnisse in einem Plakat, einer Wandzeitung oder einer Graphik festhalten. Auch können Ergebnisse in Form von Kurzvorträgen sowie handlungsorientierten Rollenspielen präsentiert werden.
Gestaltung der Arbeitspläne
Hinsichtlich der Lernjobs und Lernpläne haben sich die Lehrerinnen und Lehrer der Gesamtschule Lohmar auf bestimmte Gestaltungskriterien geeinigt:
- Arbeitspläne sollten klar strukturiert sein und hinsichtlich der Aufgabenstellung eindeutig zu verstehen sein. Er dann wird selbstständiges Arbeiten ermöglicht.
- Die Berücksichtigung verschiedener Anforderungsniveaus (B, W*, W**) ermöglicht die aktive Teilhabe aller Schülerinnen und Schüler am Arbeitsprozess.
- Ein fächerübergreifendes einheitliches Format für Lernjobs und Lernpläne hilft den Lernenden. Bekannte Aufgabenformate befördern selbstständiges Lernen, besonders wenn dies erst eingeübt wird.
Beispiel eines Lernjobs (Deckblatt mit niveaudifferenzierenden Lernaufgaben)
Dokumentation des Lernens in Lernbüro und Lernzeit der Gesamtschule Lohmar
Die Lernenden planen ihre Lernaktivitäten in Lernbüros und Lernzeiten mithilfe einer Wochenplanübersicht. Auch Reflexionen über Lernprozesse und Lernerfolge am Ende der Lernzeit sowie der Arbeitswoche werden hier festgehalten.
- Durch die ritualisierte Planung, Dokumentation und Reflexion der individuellen Lernwege in Lern(büro)zeiten üben die Schülerinnen und Schüler das Nachdenken über ihre Lernprozesse ein.
- Ihnen wird verdeutlicht, dass das Lernen ein Prozess ist, für den sie selbst verantwortlich sind und den sie durchaus beeinflussen können.
- Sie vertiefen die Kompetenz der Selbstorganisation: Sie setzen sich Ziele und werden sich darüber bewusst, welche Arbeitsschritte im Einzelnen zu gehen sind und welche Materialien oder Hilfsmittel dazu benötigt werden.
- Auf der Grundlage von Arbeitsplanung und abschließender Reflexion der Lern(büro)zeit, die in der Wochenplanübersicht dokumentiert sind, sprechen die Schülerinnen und Schüler in der Plenumsphase am Ende der Lernzeit über ihre Lernergebnisse.
Wochenziele setzen
Der Wochenplan dient nicht nur der Organisation der Arbeit in den Lern(büro)zeiten. Am Anfang der Woche formulieren die Schülerinnen und Schüler ein Klassenziel, das ausführlich besprochen und an dem sogenannten „Teampinnboard“ im Klassenraum visualisiert wird. Zudem überlegt sich jeder Einzelne ein persönliches Ziel, das er sich für die Schulwoche vornimmt.
- Am Ende eines jeden Schultages gibt es ein Zeitfenster, in dem sowohl das Ziel der Klasse, als auch das persönliche Lernziel reflektiert werden.
- Zum Abschluss der gesamten Woche bewerten die Schülerinnen und Schüler ihr eigenes Arbeits- und Sozialverhalten, während der Woche notieren sie ihre persönlichen Erfolge.
Kommentierter Wochenplan für die Jahrgänge 5 bis 8
Lernbegleitung: Lerncoach als Berater und Unterstützer
Die Arbeit mit Kompetenzrastern erfordert eine neue Lernkultur, in der nicht so sehr die Lerninhalte, sondern die individuellen Lernprozesse der Lernenden im Fokus stehen und die Lehrperson eine unterstützende Position einnimmt und Lernprozesse initiiert.
- Die als Lerncoaches in der Lernbürozeit eingesetzten Lehrerinnen und Lehrer geben Hilfe zur Selbsthilfe: Sie helfen bei der Arbeitsplanung und begleiten den Arbeitsprozess, indem sie motivieren, beraten, Ideen geben etc. Auch unterstützen sie die Schülerinnen und Schüler darin, sich selbst einzuschätzen, indem sie beispielsweise bei der Wahl des geeigneten Lernmaterials und Lernniveaus helfen.
- Einen wichtigen Bereich in der Arbeit der Lerncoaches stellt die Gestaltung attraktiver Lernarrangements dar: Sie stellen ansprechende, Individualisierung und Differenzierung zulassende Arbeitsmaterialien her und sind für die Gestaltung einer vorbereiteten Lernumgebung zuständig, um eine Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der Schülerinnen und Schüler gerne lernen. Hilfreiche Anregungen geben dabei die Lernenden als Experten selber: Sie geben wertvolle Rückmeldungen zu den Aufgabenformaten, den Inhalten der Lernjobs und Lernplänen sowie den Arbeitsmethoden, aber auch zu der Lernorganisation. Dementsprechend werden Lernmaterialien und -arrangements modifiziert, erweitert oder auch verworfen und neukonzipiert.
- In den Lern(büro)zeiten, in denen selbstgesteuert gelernt und gearbeitet wird, haben die Lerncoaches Freiräume zur Beobachtung, individuellen Förderung sowie Beratung der Schülerinnen und Schüler, so dass der Einzelne nicht aus dem Blick gerät. Auch bietet sich hier für die Lehrperson die Gelegenheit, an sogenannten „Runden Tischen“ angepasst an die Bedürfnisse der Lernenden Themen in kleinen Kreisen zu besprechen, die noch nicht verstanden worden sind oder die inhaltlich weiterführen und somit vertiefend bearbeitet werden.
- Individuelle Lernberatungen können auch in Lern(büro)zeiten stattfinden. Hier erhalten die Schülerinnen und Schüler dann eine Rückmeldung über ihre Lernfortschritte. Gemeinsam wird über das Lern- und Arbeitsverhalten gesprochen und es werden Lernvereinbarungen getroffen. Die Ergebnisse der Beratungsgespräche sind unter anderem Grundlage für die drei Mal im Jahr stattfindenden Lern- und Entwicklungsgespräche.
- Nicht nur in den Gesprächen mit den Schülerinnen und Schülern, sondern auch im Anschluss an die eine Lern(büro)zeit beendende Reflexionsphase üben die Schülerinnen und Schüler das Sprechen über das Lernen ein. Sie stellen Lernergebnisse vor, berichten über Lernerfolge oder Schwierigkeiten, die sie bei der Bearbeitung einer Aufgabe hatten und holen sich hilfreiche Tipps der anderen Schülerinnen und Schüler ein. Wertschätzung und Anerkennung individueller Lernerfolge stellen im Lernbüro der Sekundarschule Lohmar die Grundlage für ein konstruktives Feedback dar.