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Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung

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Die Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung- AO-SF) vom 29. April 2005 zuletzt geändert durch Verordnung vom 1. Juli 2016 definiert eine Körperbehinderung wie folgt:

"§ 6 Körperbehinderung (Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung) Ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung besteht, wenn das schulische Lernen dauerhaft und umfänglich beeinträchtigt ist auf Grund erheblicher Funktionsstörungen des Stütz- und Bewegungssystems, Schädigungen von Gehirn, Rückenmark, Muskulatur oder Knochengerüst, Fehlfunktion von Organen oder schwerwiegenden psychischen Belastungen infolge andersartigen Aussehens."

Diese Definition macht deutlich: Nicht jede Schülerin, jeder Schüler mit einer Körperbehinderung hat zugleich auch sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung. Die Definition greift eine traditionelle und immer wieder in Definitionen benannte Aufteilung von Körperbehinderung in drei wesentliche Formen auf: Schädigungen von Gehirn und Rückenmark, Schädigungen von Muskulatur und Knochengerüst, Schädigungen durch chronische Krankheit und Fehlfunktion von Organen (Leyendecker, 2005). Dass Menschen ihre motorischen Einschränkungen als Körperbehinderung wahrnehmen, hängt nicht nur von dem Ausmaß der Einschränkungen und der damit verbundenen Auswirkung auf Selbständigkeit und Selbstverwirklichung ab. Da eine Körperbehinderung häufig eine sichtbare Behinderung ist und den individuellen Ausdruck eines Menschen erschwert bzw. von der erwarteten Norm abweichen lässt, kommt es in der direkten Begegnung mit anderen Menschen zu Irritationen und u.U. Berührungsängsten bzw. sozialen Barrieren. Die Reaktionen der Gesellschaft und die Anpassung der Gesellschaft an die Bedürfnisse von Menschen mit einer Körperbehinderung und den damit verbundenen individuellen Einschränkungen, sind ein weiterer wesentlicher Faktor zur Entstehung einer (Körper-)Behinderung. Lelgemann (2015) erweitert die von Leyendecker (2005) aufgestellte Definition von Körperbehinderung um genau diesen Aspekt, der bereits in der WHO-Definition von Funktionsfähigkeit und Behinderung grundgelegt ist (ICF, 2018):

"Als körperbehindert wird eine Person bezeichnet, die infolge einer medizinisch beschreibbaren Schädigung oder einer chronischen Krankheit so in ihren Verhaltensmöglichkeiten beeinträchtigt ist, dass individuelle Tätigkeiten und die Selbstverwirklichung in sozialer Interaktion erschwert sind. Die Relevanz der körperlichen Behinderung wird zudem davon beeinflusst, welche Aktivitäts- sowie Partizipationsmöglichkeiten und -erschwernisse in einer Gesellschaft gegeben sind."

Schülerinnen und Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung werden in der Regel im Gemeinsamen Lernen oder an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung beschult. Schülerinnen und Schüler in dem Förderschwerpunkt benötigen individuelle sächliche und technische Ausstattungen, damit sie gleichberechtigt am Unterricht teilhaben können. Sie benötigen u.U. zusätzliche personelle Begleitung bei der Unterstützung in lebenspraktischen Bereichen (z.B. Arbeitsplatzgestaltung). Besonderheiten im Lernverhalten können vorliegen, da eine eingeschränkte motorische Entwicklung vielfältige Auswirkungen auf diverse Wahrnehmungsbereiche haben kann. Zudem wirken sich hirnorganische Veränderungen oder Schädigungen u.U. auf das Lernen und die Konzentrationsfähigkeit aus. Grundsätzliche Aussagen und Zusammenhänge zwischen einer Körperbehinderung und Besonderheiten im Lernverhalten können jedoch nicht festgehalten werden (Boenisch, 2016). Viele Schülerinnen und Schüler mit einer Körperbehinderung haben Einschränkungen im Bereich der Kommunikation und sind auf entsprechende Kommunikationshilfsmittel angewiesen. Der Einsatz von technischen Hilfen, von Kommunikationshilfen sowie zusätzlicher personeller Unterstützung legen nahe, dass die zeitliche Dimension im Unterricht für Schülerinnen und Schüler mit einer Körperbehinderung immer eine zentrale Rolle spielt. Im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung kommt es vergleichsweise häufiger aufgrund der Schwere einer Körperbehinderung oder aufgrund von fortschreitenden Verläufen zu emotional hoch belastenden Situationen und der Auseinandersetzung mit dem Thema Lebensverkürzung, Sterben und Tod. Körperbehinderungen mit progredienter Prognose bzw. komplexe, schwere Behinderungen aber auch vermeintlich geringe körperliche Einschränkungen können erhebliche Auswirkungen auf die sozial-emotionale Entwicklung haben. Die Akzeptanz des Geringfügig-Andersseins erscheint oftmals sehr schwierig.

Literatur

  • Boenisch, J. (2016): Körperliche und motorische Entwicklung-Pädagogische Grundlagen. In Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.). Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis. Düsseldorf: Düssel-Druck
  • ICF- Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit. Verfügbar unter: https://www.dimdi.de/dynamic/de/klassifikationen/downloads/?dir=icf [17.09.2018]
  • Lelgemann, R. (2015): Körperbehindertenpädagogik- Vorschläge für eine Weiterentwicklung in Theorie und Praxis. In: Zeitschrift für Heilpädagogik, 12, 2015
  • Leyendecker, C. (2005): Motorische Behinderungen. Grundlagen, Zusammenhänge und Förderungsmöglichkeiten. Stuttgart: Kohlhammer
  • Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (Ausbil-dungsordnung sonderpädagogische Förderung - AO-SF) Vom 29. April 2005 zuletzt geändert durch Verordnung vom 1. Juli 2016. Verfügbar unter: https://www.schulministerium.nrw.de/docs/ Recht/Schulrecht/APOen/SF/AO_SF.PDF [17.09.2018]
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