Herausforderndes Verhalten – Chancen und Perspektiven sozial-emotionaler Kompetenzentwicklung
Donnerstag, 06. Juni 2019, 10:00 bis 16:00 Uhr, QUA-LiS NRW (Soest)
Die Fachtagung bot rund 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wissenschaftliche und praxisorientierte Impulse für eine kompetenzorientierte Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Unterstützungsbedarf im Bereich der sozial-emotionaler Entwicklung.
Es wurden Möglichkeiten aufgezeigt, um Potenziale und Stärken dieser Kinder und Jugendlichen zu erkennen und deren individuelle Kompetenzen perspektivisch und zielorientiert weiterzuentwickeln.
Zwei wissenschaftliche Fachvorträge von Prof. Dr. Hillenbrand (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) und Prof. Dr. Hennemann (Universität zu Köln), anschließende Praxisforen und ein Markt der Möglichkeiten inspirierten die Teilnehmenden aus Schulpraxis und Bildungsadministration. Sie regten fachliche Diskurse untereinander an und boten Gelegenheit zum Erfahrungsaustausch.
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Chor der Regenbogenschule Rheda-Wiedenbrück. Die Sängerinnen und Sänger stimmten alle Anwesenden in fröhlicher und lebhafter Weise ins Tagungsgeschehen ein.
Inhalte der Fachtagung
Fachvorträge
Stärken suchen – Entwicklung unterstützen: Die „Matrix emotionaler und sozialer Kompetenzen (MesK)“ für inklusive Bildung
Fachvortrag 1
Referent: Prof. Dr. Clemens Hillenbrand, Universität Oldenburg
Angesichts des Auftrags inklusiver Bildung stellt sich die Frage, welche Funktion einer Diagnostik bei hohem Unterstützungsbedarf zukommt. Sollte nicht das gemeinsame Lernen im Fokus stehen und damit auf jegliche Form von Diagnostik verzichtet werden?
Der Vortrag versucht zunächst solche Grundfragen auf Basis empirischer Befunde zu beantworten. Die von der Arbeitsgruppe entwickelte „Matrix emotionaler und sozialer Kompetenzen (MesK)" hilft dabei, wirksame und praktikable Möglichkeiten der Unterstützung auszuwählen, zu planen und einzusetzen. Insbesondere für die Kooperation von Fachkräften verschiedener Disziplinen bieten sich damit konkrete Handlungsmöglichkeiten für die oft schwierigen Situationen.
Herausforderndes Verhalten im inklusiven Bildungssystem: Effektive Förderung emotional-sozialer Entwicklung zwischen Prävention und Intervention
Fachvortrag 2
Referent: Prof. Dr. Thomas Hennemann, Universität zu Köln
Nicht zuletzt im Kontext der schulischen Inklusion stellen Schülerinnen und Schüler mit besonders schwierigem Verhalten eine der zentralen Herausforderungen für Lehrkräfte sowie für das pädagogische Personal im Schulalltag dar. Auch die internationalen Erfahrungen zur inklusiven Beschulung belegen unisono die besonderen pädagogischen Herausforderungen im Rahmen einer angemessenen und förderlichen Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf in der emotionalen und sozialen Entwicklung. In dem Vortrag werden zunächst zentrale Konsequenzen für eine unterrichtliche Förderung abgeleitet. Anschließend werden die Bedeutung sowie die pädagogischen Chancen einer konsequenten präventiven Förderung auf Schul- und Klassenebene und auf individueller Ebene, die eng an eine fundierte und entwicklungsbegleitende Diagnostik sowie an eine Verknüpfung von Fach- und Entwicklungsanliegen gekoppelt sind, erörtert. Dabei werden exemplarisch hochwirksame schulweite Mehrebenen-Ansätze des präventiven Handelns vorgestellt, in denen auf die besondere Bedeutung eines konsequenten gestuften Vorgehens in einem multiprofessionellen Team hingewiesen wird, das dabei prozessbegleitend qualifiziert werden sollte. Der Beitrag schließt mit einem Überblick über effektive Gelingensbedingungen für eine präventive Schule als Grundlage für eine erfolgreiche Inklusion.
Praxisforen
Die „Matrix emotionaler und sozialer Kompetenzen (MesK)“: Grundlagen und Anwendung
Praxisforum 1
Referenten: Matthias Schulden, Universität Oldenburg; Johannes Krakau, Heinrich Böll Schule Frechen
Das Praxisforum führt in die Grundlagen der „Matrix emotionaler und sozialer Kompetenzen (MesK)“ ein. Anschließend werden deren Struktur und Anwendung erläutert. Mit Hilfe von Fallbeispielen können praktische Möglichkeiten der Anwendung verdeutlicht werden.
Wirksame Unterstützung bei hohem Unterstützungsbedarf ESE
Praxisforum 2
Referent: Prof. Dr. Clemens Hillenbrand, Universität Oldenburg
Das Praxisforum gibt einen Überblick über wirksame Maßnahmen einer indizierten Förderung emotionaler und sozialer Kompetenzen bei hohem Unterstützungsbedarf. Konkrete Maßnahmen können exemplarisch vertieft werden. Die entwicklungsbegleitende Diagnostik wird mit Hilfe eines konkreten Instruments erprobt, so dass die Wirksamkeit einer gewählten Maßnahme in der Praxis überprüft werden kann.
„Abgemacht!“ – Mit Verträgen erwünschtes Verhalten fördern
Praxisforum 3
Referenten: Dr. Reiner Bahr, LVR-Wilhelm-Körber-Schule Essen; Christian Nonte, Helen-Keller-Schule Münster
Verhaltensverträge dienen im schulischen Alltag dazu, mit Schülerinnen und Schülern kompetenzorientierte Vereinbarungen über bestimmte Ziele auf eine verbindliche Basis zu stellen.
Am Beispiel eines 14jährigen Schülers wird dargestellt, wie er seine Lernaktivitäten zu seinen Gunsten verbessern kann.
Sein Arbeitsverhalten ist sehr von seiner jeweiligen psychischen Tagesform abhängig und seine Aufmerksamkeitsspanne gering. Durch Festlegen bestimmter Zeiträume konzentrierten Arbeitens und Einbezug von Reflexionsphasen wird eine positive Verhaltensänderung angestrebt.
Praxisbeispiel: Unangemessenes Schülerverhalten unterbinden (PDF, 0,7 MB)
"Belohnung motiviert!“ – Einsatz eines Verstärkerplans
Praxisforum 4
Referentinnen: Katrin Kaiser, Peter-Vischer-Grundschule Dortmund; Heidrun Michaelis, Richard-von-Weizsäcker-Schule Münster
Im Dialog zweier Lehrkräfte wird ein Schüler der Primarstufe mit herausforderndem Verhalten als Fallbeispiel vorgestellt. Anhand dieses Beispiels wird die schulische Arbeit mit der „Matrix emotionaler und sozialer Kompetenzen (MesK)“ erläutert: Einordnung der Verhaltensweisen in die Matrix, Beschreibung der Kompetenzen des Schülers anhand der Matrix, Ableitung der Förderziele sowie -maßnahmen. Beispielhaft wird der Blick auf das Verstärkersystem als Fördermaßnahme gerichtet. Im Gespräch können praktische Fragen der Umsetzung in der Schule diskutiert werden (u.a. Ansatzpunkt der Förderung, positive Formulierung einer Verhaltenserwartung, Zeitraum der Rückmeldung, Einbindung der Fachlehrkräfte, Frage der Belohnung).
Praxisbeispiel: Strategien für potentielle Probleme (PDF, 0,6 MB)
Sozial-emotionales Lernen im (Fach-)Unterricht – entwicklungsbezogenes und akademisches Lernen sinnvoll verknüpfen
Praxisforum 5
Referentin: Tatjana Leidig, Universität zu Köln
Sozial-emotionales Lernen (SEL) gilt als Kernaspekt erfolgreicher Inklusionsprozesse (Reicher, 2010). Die Verknüpfung entwicklungsbezogener Förderung mit akademischen Lernprozessen im Rahmen des (Fach-)Unterrichts stellt eine zentrale Möglichkeit der Realisierung von SEL dar, um den Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler in beiden Bereichen systematisch zu unterstützen und Synergieeffekte zu schaffen (Schwab & Elias, 2015; Urban & Leidig, 2017). Ausgehend von der Darstellung der theoretischen und empirischen Grundlagen der Verknüpfung von SEL und akademischem Lernen werden anhand von Beispielen konkrete Möglichkeiten der Umsetzung dargestellt und diskutiert.
Präventive Förderung der emotionalen und sozialen Kompetenzen
Praxisforum 6
Referent: Dr. Dennis Hövel, Universität zu Köln
Auf Basis der Resilienz-Forschung (u.a. Werner & Smith, 1992) und der Grundlage eines multifaktoriellen Entwicklungsverständnisses (u.a. Petermann, Niebank, & Scheithauer, 2004) stellt das Praxisforum Unterrichtswerke und Fördermethoden zur Unterstützung der emotionalen und sozialen Entwicklung vor, die während der regulären Unterrichtszeit eingesetzt werden können. Darüber hinaus werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie solche Interventionen in ein schulweites mehrstufiges Rahmenkonzept eingebettet werden können.
Festlegen von Konsequenzen – Verstärkung angemessenen Verhaltens durch „Tootling“
Praxisforum 7
Referenten: Sven Scheerer, Städt. Gymnasium Eickel Herne; Florian Sommer, Gemeinschaftsschule Billerbeck
Das Festlegen von Konsequenzen stellt im schulischen Alltag oft ein Problem dar. Dies hat verschiedene Gründe. Zum einen wird häufig nur das Fehlverhalten von Schülerinnen und Schülern „sanktioniert“ und zum anderen ist es schwierig, das Verhalten der Schülerinnen und Schülern neben dem Unterrichtsgeschehen richtig zu beobachten und zu beurteilen.
In diesem Praxisforum wird das Verfahren / die Methode „Tootling“ praxisnah vorgestellt. Hierbei steht die Verstärkung von angemessenem Schülerverhalten im Vordergrund. Die Schülerinnen und Schüler werden aktiviert selbstständig und selbstverantwortlich zu handeln, indem sie sich gegenseitig in ihrem angemessenen Verhalten wahrnehmen, bestärken und belohnen. Hierzu werden Beispiele und Vorgehensweisen aus dem Unterrichtsalltag präsentiert.
Praxisbeispiel: Festlegen von Konsequenzen (PDF, 1,4 MB)
Slideshow zum Praxisbeispiel (MP4, 6,6 MB)
Unterricht angemessen vorbereiten – Einsatz eines kompetenzorientierten individualisierten Lernplans im Unterrichtsfach Mathematik
Praxisforum 8
Referentinnen: Katrin Kaiser, Peter-Vischer-Grundschule Dortmund; Heidrun Michaelis, Richard-von-Weizsäcker-Schule Münster
Das Praxisforum „Unterricht angemessen vorbereiten“ stellt die Erarbeitung und Individualisierung von Lernplänen für den Unterricht vor. Anhand von leitenden Fragestellungen werden Voraussetzungen und Gelingensbedingungen erörtert, aber auch Problemstellungen in der Arbeit mit Lernplänen diskutiert. Ein Film illustriert die Umsetzung in die schulische Praxis.
Praxisbeispiel: Unterricht angemessen vorbereiten (PDF, 1,5 MB)
Eindrücke der Fachtagung
Programm
09.00 Uhr Stehcafé, Markt der Möglichkeiten
10.00 Uhr Begrüßung
11.00 Uhr Fachvorträge (Phase I)
11.45 Uhr Praxisforen (Phase I)
12.30 Uhr Mittagspause
13.30 Uhr Fachvorträge (Phase II)
14.15 Uhr Praxisforen (Phase II)
15.00 Uhr Stehcafé
15.30 Uhr Abschließender Fachdialog
16.00 Uhr Veranstaltungsende
Downloads
Im Kontext
Matrix emotionaler und sozialer Kompetenzen (MesK)
Classroom Management im Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung